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IBG-Affäre Sachsen-Anhalt IBG-Affäre Sachsen-Anhalt: "Herr von der Osten ist in vielerlei Hinsicht zu hinterfragen"

Von Hendrik Kranert-Rydzy 23.09.2015, 17:27
Schild der IBG Beteiligungsgesellschaft mbH in Magdeburg.
Schild der IBG Beteiligungsgesellschaft mbH in Magdeburg. dpa Lizenz

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Landesregierung will den einstigen Chef der landeseigenen Investitions- und Beteiligungsgesellschaft (IBG) strafrechtlich zur Verantwortung ziehen lassen. Der Chef der Staatskanzlei, Staatsminister Rainer Robra (CDU), kündigte an, dass man Hinweise auf ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Tun des einstigen IBG-Bosses Dinnies Johannes von der Osten gefunden habe.

„Kein kollektives Versagen“

Robras Einschätzung resultiert aus einer Erwiderung der Landesregierung auf einen Prüfbericht des Landesrechnungshofs zur IBG. Die Rechnungsprüfer hatten den Aufsichtsgremien der Firma darin „kollektives Versagen“ vorgeworfen. Eine Einschätzung, die die Landesregierung laut Robra nicht teilt. „Wir haben zwar eine ganze Reihe von Schwächen identifiziert und auch eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, dass künftig nicht wieder Fehler passieren. Ein kollektives Versagen können wir aber nicht feststellen“, erklärte Robra, der die Stellungnahmen der Ministerien für Wirtschaft und Finanzen zusammengefasst hat.

Robra kommt stattdessen zu dem Schluss, dass das größte Problem der IBG ihr einstiger Geschäftsführer von der Osten sowie die später mit der Geschäftsführung beauftragten Firma GoodVent gewesen sei. GoodVent befindet sich im Eigentum von von der Osten. „GoodVent hatte sich in einer Grauzone eingerichtet“, sagte Robra mit Blick auf fragwürdige Beteiligungen, die die IBG unter der Regie von GoodVent einging. So wurden Unternehmen gefördert, die ihren Sitz nicht in Sachsen-Anhalt hatten oder aber noch Geld erhielten, obwohl sie vereinbarte Zielvorgaben (Meilensteine) nicht erreichten.

"Sitz des Unternehmens ist ein Briefkasten"

Von der Osten habe es oftmals unterlassen, die Gremien der IBG über sein Tun zu informieren. „Herr von der Osten ist in vielerlei Hinsicht zu hinterfragen, der Sorgfältigste war er wohl nicht“, betonte Robra. In mindestens einem Fall aber erreicht die mangelnde Sorgfalt von der Ostens nach Ansicht des Staatsministers aber strafrechtliche Relevanz - bei der Firma ACM Coating. Bei der Tochter eines israelischen Folienherstellers liege der Fall vor, dass die IBG weiter in Beteiligungen investierte, obwohl ACM niemals in Sachsen-Anhalt die Produktion aufnahm. Mehr noch: „Wir haben eine Notiz von Herrn von der Osten gefunden, auf der steht: Sitz des Unternehmens ist ein Briefkasten“, sagt Robra. Der neue Geschäftsführer der IBG, der wohl am 1. Oktober sein Amt antritt, soll diese Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorlegen. Infrage kommende Tatbestände seien Untreue und Betrug.

Ein erstes Verfahren wegen des Verdacht des Subventionsbetruges gegen von der Osten war im Mai 2015 eingestellt worden. Dabei ging es um die Frage, ob von der Osten Pflichten als Geschäftsführer der IBG verletzte, weil er private Beteiligungen an auch von der IBG geförderten Unternehmen - etwa dem Solarzellen-Herstellers Q-Cells - verschwieg. Rechnungshofs-Chef Kay Barthel hatte davor gewarnt, von der Osten als „alleinigen Bösewicht“ hinzustellen, man hätte ihm die entsprechenden Rahmenbedingungen geboten.

Trennung vor zwei Jahren

Das Land hatte sich vor zwei Jahren erst von von der Osten, später auch von GoodVent getrennt. Die Firma hat angekündigt, gegen die Entscheidung zu klagen - dazu kam es bislang nicht. Dafür führten das Missmanagement in der IBG und mögliche Verstrickungen von Landespolitikern zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Landtages. So wurde etwa Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) vorgeworfen, Einfluss auf die Vergabe von Fördermitteln an die Schlossgruppe Neugattersleben genommen zu haben. Das Firmenkonglomerat befindet sich in der Hand von Bullerjahns Freund, dem Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Klaas Hübner, und dessen Familie. Nach Ansicht des Rechnungshofs erhielt die Firmengruppe zu Unrecht Geld vom Land, da es sich nicht um ein klein- oder mittelständisches Unternehmen handelte. Robra widersprach dieser Darstellung teilweise. (mz)

Ralf Seibicke
Ralf Seibicke
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