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Geschichte  Geschichte : Friedensstein der mahnt

Von Constanze Matthes 14.10.2016, 08:07
Friedensstein auf dem Knabenberg zwischen Almrich und Flemmingen: Es ist das älteste Denkmal für die Opfer von Krieg und Gewalt in Deutschland.
Friedensstein auf dem Knabenberg zwischen Almrich und Flemmingen: Es ist das älteste Denkmal für die Opfer von Krieg und Gewalt in Deutschland. Biel

Flemmingen - Der Herbst hat Einzug gehalten. Die Bäume auf dem Knabenberg zwischen Flemmingen und Almrich zeigen ihre bunten Blättern. Vor 210 wird es wohl nicht anders gewesen sein, als die Region Schauplatz einer der größten Schlachten der Napoleonischen Kriege war. Bis heute erinnert der Friedensstein auf dem Knabenberg an die damaligen Ereignisse. „Vor 200 Jahren, am 18. Juni 1816 errichtet, ist er das älteste Denkmal für die Opfer von Krieg und Gewalt in Deutschland“, sagt Hans-Martin Ilse. Der Pfarrer aus Flemmingen hat sich intensiv mit dem Stein und dessen Initiator beschäftigt. Denn Daniel Amadeus Neander (1775 - 1869) ist einer seiner Vorgänger, wirkte von 1805 elf Jahre lang als Geistlicher im Ort. Doch Neander hat sich nicht nur mit der Errichtung des Friedenssteins in die Dorfgeschichte eingeschrieben. „Er organisierte ein umfassendes Versorgungssystem, um die Not der Bewohner zu mildern. Jede Hausfrau erhielt jeden Morgen eine Tagesration an Lebensmitteln aus einem gemeinsamen Speicher, den Neander verwaltete“, berichtet Ilse. Rund 54000 Soldaten waren im Herbst 1806 in der Region rund um Bad Kösen stationiert. Bauernhöfe wurden geplündert. Nach dem Krieg organisierte der einstige Pfarrer den Wiederbau, an dem Bauern aus Flemmingen und Almrich, dem damaligen Altenburg, beteiligt waren. Im letztgenannten Dorf richtete er eine sogenannte Plantage „Neue Hoffnung“ an, um die Menschen besser zu versorgen und auch in der Landwirtschaft auszubilden. Nach den Grundsätzen Albrecht Daniel Thaers, Begründer der Agrarwissenschaft, führte Neander den Fruchtwechsel ein. Doch diese Kriegsjahre blieben nicht ohne fatale Folgen bis in das folgende Jahrhundert mit seinen Weltkriegen hinein, wie der Flemminger meint. „In dieser Zeit entstand das Heldenverständnis von Krieg und Volk, vom Heldentod, das eine traurige Entwicklung genommen hat.“ Auch Pfarrer haben in der Vergangenheit eine unrühmliche Rolle gespielt und mit ihren Predigten Einfluss genommen. „Es war der Berufsstand, der im Ersten Weltkrieg die meisten gefallenen Söhne zu beklagen hatte“, so Ilse.

Der Stein von 1816 hat in den folgenden Jahren eine wechselvolle Geschichte erlebt. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870 sollen französische Offiziere, die in Naumburg gefangen gehalten wurden, den Stein umgestoßen haben. In der Mitte des 20. Jahrhunderts schließlich spurlos verschwunden, wurde er vor zehn Jahren auf Initiative von Ortsbürgermeister Joachim Vogel auf dem Knabenberg neu gesetzt. „Die meisten Einwohner von Flemmingen und Almrich kennen ihn und seinen Standort. Weniger bekannt ist indes, dass die Region, einst zum Königreich Sachsen zählend, infolge des Wiener Kongresses am 1. Januar 1816 an Preußen fällt “, sagt Ilse.

Seinen Vorgänger hat es später nach Berlin verschlagen. Dort wurde er Probst der Petrikirche sowie Vortragender Rat des preußischen Kultusministers. „Er blieb indes weiterhin der Region verbunden und hat regelmäßig seinen Urlaub hier verbracht“, erzählt Ilse. Auch ein Gemälde, das Neander zeigt und er Flemmingen geschenkt hatte, ist wohl Beweis für diese Verbundenheit.

Pfarrer Hans-Martin Ilse hat sich mit Leben und Wirken seines Vorgängers Daniel Amadeus Neander beschäftigt. Neander ließ 1816, zehn Jahre nach der Schlacht bei Jena-Auerstedt, den Friedensstein auf dem Knabenberg errichten.
Pfarrer Hans-Martin Ilse hat sich mit Leben und Wirken seines Vorgängers Daniel Amadeus Neander beschäftigt. Neander ließ 1816, zehn Jahre nach der Schlacht bei Jena-Auerstedt, den Friedensstein auf dem Knabenberg errichten.
Biel