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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Erdbeertorte statt Stollen unterm Weihnachtsbaum

Von YVETTE MEINHARDT 24.11.2010, 21:35

REHMSDORF/MZ. - Ein Duft von frisch Gebackenem erfüllt den Laden, Weihnachtsstollen und Plätzchen lassen die Vorfreude aufs Fest lebendig werden. "In der Adventszeit ist die Nachfrage am größten, zum Fest soll es dann am liebsten eine Erdbeertorte sein", sagt Thomas Eisenschmidt. Der 59-jährige Bäckermeister hat das Handwerk von der Pike auf gelernt. "Schon mit sechs Jahren habe ich meinen eigenen Mürbeteig gebacken und mein erstes Brot in den Ofen geschoben. Sein Vater Rudolf Eisenschmidt gründete im Februar 1946 die Bäckerei in Rehmsdorf. Sohn Jan Eisenschmidt ist heute die dritte Generation.

Der kleine Familienbetrieb setzt auf Tradition. Hier wird der Natursauerteig für das Mischbrot selbst "gezüchtet". Ein Stück Sauerteig bildet den Grundstock, es wird täglich mit Mehl und Wasser "gefüttert", damit es wieder zu einer stattlichen Masse heranwächst. "Diese Prozedur gleicht ein wenig der Kefir-Produktion, wenn man einen Tag nicht füttert, so geht er ein", sagt Jan Eisenschmidt. Zahlreiche Faktoren müssen ebenfalls stimmen. So sind 24 Grad Celsius für das Mehl optimal, ist der Teig zu jung, entfaltet er nicht seinen vollen Geschmack. 200 traditionelle Mischbrote verlassen am Tag die Backstube, hinzu kommen aktuelle Trends wie derzeit das Dinkelbrot oder das Walnussbrot. Eigentlich müsse ein Brot etwa zwölf Stunden nach dem Backen ruhen, erst dann entfaltet sich der vollkommene Geschmack.

In der Vorweihnachtszeit stehen natürlich Stollen und Gebäck im Mittelpunkt. Bereits Anfang November gehen die ersten Stollen über den Ladentisch. "Man soll zwei Stollen kaufen, den ersten gleich essen, den zweiten bis Weihnachten liegen lassen, damit sich das Aroma richtig entfalten kann", empfiehlt der Bäckermeister. Für ihn ist der Stollen die Königsdisziplin. Das fängt beim genauen Abwiegen der Zutaten an, reicht über das Hefestück und die richtige Raumtemperatur. "Wenn der Teig einmal zu fest ist, rettet ihn auch ein Schluck Milch nicht mehr. Man soll von vornherein das richtige Verhältnis von einem Teil Fett und drei Teilen Mehl beachten", rät der Handwerksmeister.

Dass man in der Rehmsdorfer Bäckerei wirklich noch von Handwerk reden kann, sieht man bei den Plätzchen. Nicht nur die Anisplätzchen werden von Hand aufgespritzt. "Diese weiße Spezialität des Hauses wird im offenen Zug gebacken, dass kann kein heimischer Herd", erklärt der Fachmann. Die Dekoration der farbenfrohen Mürbteigplätzchen übernimmt Schwiegertochter Simone Eisenschmidt, ebenfalls von Hand, während Ehefrau Gabriele Eisenschmidt die drei Filialen beliefert oder im Laden ihren Mann steht. Doch das traditionelle Handwerk hat die goldenen Zeiten längst hinter sich. "Als ich 1979 die Bäckerei von meinem Vater übernahm, existierten in Zeitz 60 Bäcker. Heute gibt es gerade mal noch eine Handvoll", sagt der Senior. Auch Polsterer, Schuhmacher, Tischler oder Sattler sucht man nun in vielen Orten vergebens. "Seit dem Bau der Umgehungsstraße haben wir 30 Prozent unserer Kunden verloren", sagt Eisenschmidt weiter. Aus diesem Grund habe man jetzt einen Laden in der Zeitzer Schützenstraße.