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Bockwitzer lieben ihr kleines Dörfchen

Von Klaus-Dieter Kunick 26.08.2008, 17:28

Bockwitz/MZ. - Im Haus von Gerhard und Elfriede Gentzsch in Bockwitz duftet es nach frisch gebackenem Kuchen. Es handelt sich allerdings nur um ein Probebacken. "Wir haben im Garten zeitige Äpfel. Ich will erst einmal probieren, ob die auch auf dem Kuchen schmecken", erzählt die Seniorin. "Nicht dass ich mich blamiere", ergänzt sie schmunzelnd. Denn an diesem Wochenende findet in dem kleinen Bockwitz der Höhepunkt statt: 825 Jahre besteht dann der Ort. Anlässlich dieses Jubiläums will die Bockwitzerin dann einen neuen Apfelkuchen anbieten. Und einen weiteren aus Kokosraspeln. Ihr Junge, Jan und seine Lebensgefährtin Nicole Peters, bringen sich im Festkomitee mit ein. "Die verraten uns aber nicht alles, was sie vorbereiten", sagt Vater Gerhard, was wiederum die beiden Rentner zum Lächeln bringt.

Annegret Weber, ihr Mann Manfred, ihre Mutter Erna Gertler und deren Bruder Erwin Dreilich sitzen gemütlich auf der Terrasse ihres Eigenheimes und trinken Kaffee. "Das ist die Seniorenresidenz Bockwitz", ruft Erwin Dreilich (84) in die fröhliche Runde. Das schöne Häuschen, die vielen Blumen und vor allem die Ruhe schätzen sie. Fast jedes Wochenende seien sie hier zu Besuch.

"Wir würden immer wieder nach Bockwitz ziehen", sprudelt es aus Annegret Weber heraus. Als sie 1994 aus Zeitz, wo sie es einen Katzensprung ins Zentrum hatten, in das kleine Dorf zogen, habe es viele gegeben, die meinten, dass das Land nichts für sie sei. "Wir haben es bis heute nicht einen Moment bereut", entgegnet die 52-Jährige. Vor fünf Jahren baute ihr Mann sogar eine "Kirche". Die diente zuvor als Baubude. Natürlich hätten Webers die wegreißen können. Aber Manfred Weber hatte eine bessere Idee. Bockwitz hat doch keine Kirche. Und so kam ihm der Gedanke, das zu ändern und eine Kirche auf dem eigenen Grundstück zu bauen. Aus einem Plasteblumentopf bastelte er die Glocke, innen richtete der Hausherr ein kleine Stube her, in der Familienfeiern stattfinden. "Wir wollen hier nie wieder weg", sagt seine Frau. Vor allem die prima Atmosphäre innerhalb des Dorflebens sei wunderbar. Jeder helfe jedem, wenn es nötig sei.

Dem schießen sich Elfriede und Fritz Gottschling, die gerade ihr Auto putzen, an. "Die paar Hanseln, die hier wohnen, die verstehen sich", sagt der Hausherr und lacht. Ihr Mann sei in dem Haus geboren, sie habe 1954 hier eingeheiratet. Auch sie mögen vor allem die Ruhe. Mit dem Auto sei man doch schnell mal in der Stadt.

Bürger verstehen sich

"Früher, so Mitte der 40er Jahre lebten mal um die 100 Leute hier. Es wohnten viele Vertriebene in Bockwitz", plauderte Gottschling, der zugleich die Gaststätte ins Spiel brachte. In dem um die Jahrhundertwende gebauten Gasthaus von Hugo Markgraf sei viel los gewesen. Bis zum I. Weltkrieg fand hier außerdem Tanz statt. Danach nicht mehr. Das Gasthaus wurde in den 70er Jahren abgerissen. Aber ganz soweit holt der Senior dann in der Geschichte doch nicht aus und wendet sich wieder dem Autoputzen zu. Vielmehr kommt er auf sein Wohnhaus zu sprechen, in dem er geboren wurde. Das Gebäude stamme aus der Zeit um 1700 herum. Sein Großvater habe es etwa 1860 / 70 gekauft. Hier in Bockwitz fühlen sie sich von jeher wohl. Selbstverständlich gehen sie am Wochenende zum Fest. Das will sich auch Reinhilde Landmann anschauen. "Alles, was geboten wird, das nehme ich mit", sagt die 84-Jährige. "Hier wird man alt, das macht bestimmt die frische Luft", fügt sie hinzu. Seit 58 Jahren lebe sie hier. Zufrieden und glücklich. Bäcker und Fleischer kommen, den Rest hole sie in der Stadt.

Auch Christiana Becker lässt auf Bockwitz nichts kommen. Zwei Boxer kläffen um die Wette, wer das Grundstück betritt. Es seien eben Wachhunde, meint die 30-Jährige. Es gebe einen guten Zusammenhalt im Dorf, bestätigt sie. Sie vermisse nichts. Alles könne so weitergehen wie bisher.