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An Krebs erkrankt Krebs: Tochter (4) mit Hirntumor - Mutter aus Wittenberg verzweifelt

Von Marcel Duclaud 08.02.2017, 13:38
Eins wünschte sich Lilly-Melody vom Fotografen: Auf die Couch und dort mit auf das Foto sollten unbedingt Mama und Papa.
Eins wünschte sich Lilly-Melody vom Fotografen: Auf die Couch und dort mit auf das Foto sollten unbedingt Mama und Papa. Baumbach

Wittenberg - Anne Nölle versucht, tapfer zu sein. Einfach ist das nicht. Die junge Mutter aus Wittenberg, gerade 23 Jahre alt, hat eine sehr kranke Tochter: Lilly-Melody. Bei der Vierjährigen ist ein Hirntumor diagnostiziert worden, als sie noch ein Baby war: „Es begann“, erinnert sich Anne Nölle, „mit einer Gesichtslähmung auf der linken Seite, da war Lilly elf Monate alt.“

Was folgte, waren Behandlungen, die für einen so kleinen Menschen ein Martyrium sind - für die Mutter nicht minder. Darunter zwei Operationen, eine davon dauerte an die zwölf Stunden: „Das waren die schlimmsten Stunden meines Lebens“, erklärt die junge Frau, deren eigenes Leben durch diesen Schicksalsschlag erheblich durcheinander gewirbelt worden ist.

Eine Ausbildung hat sie nach eigenen Angaben abgebrochen: Anne Nölle, die derzeit ohne Job ist und mit ihrer Tochter zusammen lebt - noch, sie möchte in Kürze aus Wittenberg weg und mit ihrem Lebensgefährten zusammenziehen, auch deshalb, weil eine Wohnung in der fünften Etage nicht funktioniert - kümmert sich um ihr schwerkrankes Kind. Das ist bitter nötig.

Durch die Operation konnte der Tumor lediglich verkleinert werden. Weil das Kind für eine Chemotherapie zu jung ist, wurde und wird versucht, mit einer so genannten Antikörper-Therapie das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen. Daran hängen zurzeit die Hoffnungen.

Anne Nölle bemüht sich, ihrer Tochter ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. Was nicht ganz leicht ist, weil Lilly taub ist auf einem Ohr, schielt, nicht gut laufen kann und schnell erschöpft ist. Sie braucht für vieles ziemlich lange, ein Abendbrot, sagt die Mutter, kann schon mal eineinhalb Stunden dauern. In der körperlichen und geistigen Entwicklung sei ihr Kind zurück im Vergleich mit anderen. Lilly besucht aber einen Kindergarten in Wittenberg, was ihr Freude bereitet und der Mutter Entlastung bringt.

Wie lange ihre Tochter noch lebt, keiner weiß das: „Ich hoffe, sie noch lange bei mir zu haben. Ich setze mich aber auch jeden Tag damit auseinander, dass sie vielleicht nicht mehr viel Zeit hat.“

Das alles zu ertragen, ist schwer. Was hinzu kommt und die junge Mutter zusätzlich belastet, ist die Ablehnung einer Pflegestufe: „Ich habe zwei Anträge gestellt, beide Male ohne Erfolg.“ Es habe geheißen, die Kleine wachse damit auf und die Entwicklungsverzögerungen würden sich noch geben.

Anne Nölle kann das nicht verstehen. Sie fühlt sich an ihre Grenzen gebracht, Unterstützung, sagt sie, wäre wichtig, sowohl finanzielle als auch personelle: „Ich brauche jemanden, der mir zur Seite steht, wenn es mal eng wird.“ Das ist das eine. Das andere betrifft Fahrtkosten zur Antikörpertherapie in einer Klinik in Halle. Ihre Krankenkasse habe die Unterstützung abgelehnt, weil es sich um keinen stationären Aufenthalt handele.

Der Sprecher der AOK Sachsen-Anhalt, Sascha Kirmeß, weist darauf hin, dass es bei finanziellen Schwierigkeiten auch möglich ist, beim Sozialamt einen Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ zu stellen. Unter gewissen Voraussetzungen sei damit ein finanzieller Zuschuss zur Pflege möglich, wenn die Pflegekasse keine Leistungen erbringen darf. Auch eine Mutter-Kind-Kur könnte zumindest für eine zeitweise Entlastung sorgen, so Kirmeß, der betont: „Gern beraten wir auch dazu in einem persönlichen Gespräch.“ (mz/mac)

Sascha Kirmeß, Pressesprecher der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), bei der Anne Nölle versichert ist, verweist auf den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Der prüfe, wie groß der Hilfebedarf ist. Bei Kindern gelte die Besonderheit, dass ihr Hilfebedarf mit dem eines Gleichaltrigen verglichen wird. Das Gutachten bei Familie Nölle habe ergeben, dass „der benötigte Zeitaufwand zur Betreuung nicht für eine Pflegestufe ausreichend war“.

Für die Grundpflege müsse der Zeitaufwand täglich mindestens 45 Minuten betragen, bei Lilly seien es 29 Minuten gewesen. „Aus diesem Grund konnten wir den Pflegeantrag leider nicht genehmigen“, erklärt Kirmeß und fügt hinzu: „Wir haben Verständnis für die schwierige Situation von Familie Nölle und unterstützen sie, wo es uns möglich ist.“ In Sachen Fahrtkosten werde sich die Kasse mit der Familie in Verbindung setzen. Kirmeß betont zudem, dass jederzeit ein neuer Antrag auf Pflege gestellt werden kann.

Bekanntlich hat sich das Verfahren inzwischen geändert, die drei Pflegestufen wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Damit stehe nicht mehr der Zeitaufwand im Fokus, sondern die Selbstständigkeit des Versicherten. „Möglicherweise“, so Kirmeß, „ergibt auf dieser Grundlage eine erneute Prüfung ein anderes Ergebnis“. Dass sie einen dritten Antrag stellen wird, hat Anne Nölle bereits angekündigt. (mz)