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Totensonntag Totensonntag: Hilfe für Trauernde

Von klaus-dieter kunick 20.11.2015, 19:56
Der Totensonntag ist ein Gedenktag für die Verstorbenen. Auch Sabine Beyer besucht am Sonntag den Weißenfelser Friedhof.
Der Totensonntag ist ein Gedenktag für die Verstorbenen. Auch Sabine Beyer besucht am Sonntag den Weißenfelser Friedhof. peter lisker Lizenz

weissenfels - Dass Sabine Beyer einmal in der Hospizbewegung Burgenlandkreis mitmacht, hätte sie vor einigen Jahren wahrscheinlich selbst nicht geglaubt. Wie das Leben eben so spielt. Die Weißenfelserin gehört mittlerweile zu der Schar neuer Mitstreiter, die sich dem Verein anschlossen: Acht Frauen und drei Männer, je einer aus Zeitz, Naumburg und aus Weißenfels, sind es insgesamt, die sich in einem 70-Stunden-Seminar zum Helfer ausbilden ließen. „Es hat für mich viel an Wissen gebracht“, berichtet die 62-Jährige. Gespräche zum Thema Demenz, juristische Fragen, Bestattungsrituale oder auch philosophische Grenzen des menschlichen Lebens - mit all dem beschäftigten sich die neuen Mitstreiter. „Es bringt innere Sicherheit.“ Und noch etwas ist ihr neben dem Wissenserwerb wichtig: „Es muss aus dem Herzen kommen.“

Sinnvolle Beschäftigung

Ob sie das erworbene Wissen eines Tages anwenden kann? Dann, wenn Trauernde darum bitten, Beistand zu leisten? Die ehemalige Lehrerin für Deutsch/Französisch hat noch keine Antwort - sie ist noch nicht gerufen worden. Die Weißenfelserin glaubt, dass es für denjenigen, die mit der Trauer allein nicht klarkommen, wichtig sein könnte, zu wissen, dass es einen Verein gibt, der helfen kann. Sabine Beyer spricht aus Erfahrung - ist doch ihr Ehemann vor knapp vier Jahren gestorben. Nach dessen Tod habe sie nach einer sinnvollen Betätigung in ihrem Leben gesucht. Zumal sie in den beruflichen Ruhestand eingetreten war. Durch Zufall habe sie dann gelesen, dass in der Hospizbewegung Helfer gesucht werden. „,Das könnte was für mich sein’, habe ich mir gesagt.“ Vor der Frage, ob dabei möglicherweise Berührungsängste auftreten können, stand sie nicht. Auf Menschen zugehen, das traue sie sich zu. „Ich würde Trauernden oder Hinterbliebenen allerdings nie meinen Willen aufzwingen wollen. Wenn die Familie anders entscheidet, ist das für mich bindend“, fügt Sabine Beyer hinzu.

Totensonntag, ist in der evangelischen Kirche in Deutschland ein Gedenktag für die Verstorbenen. Er ist der letzte Sonntag vor dem ersten Adventssonntag und damit der letzte Sonntag des Kirchenjahres. Der Totensonntag ist in allen deutschen Bundesländern besonders geschützt. Die Feiertagsgesetze aller Bundesländer, außer Hamburg, bestimmen den Totensonntag als Trauer- und Gedenktag oder als „stillen Feiertag“, für den besondere Einschränkungen gelten. Dazu gehören beispielsweise Verbote von Musikaufführungen in Gaststätten. Der Totensonntag wird laut Wikipedia weltweit begangen.

Lesen als Kraftquelle

Vielleicht wissen es in Weißenfels und Umgebung gar nicht so viele Trauernde, wo sie sich Hilfe holen können, denkt sie sich. Ohne diese innere Bereitschaft, sich helfen zu lassen, gehe es nun mal kaum. Es gehe letzten Endes auch gar nicht darum, alles abzunehmen. „Ich denke, es ist für Trauernde wichtig, wenn sie sich mal ein paar Stunden Ruhe und Entspannung gönnen“, erklärt die Helferin. Da zu sein in dem Moment, zuzuhören sei wichtig, das wisse sie aus ihrem Erleben heraus. Behutsam Rat geben, sei schon das Maß dessen, was sie vermitteln könne. Mehr nicht. Vielleicht zu wenig? Nein, das glaube sie nicht. Jeder könne ja selbst entscheiden, wie viel Hilfe er zulasse.

Aber worauf kann sich Sabine Beyer in ihrer ehrenamtlichen Arbeit stützen? „Auf das Lesen, das gibt mir Kraft.“ In Windeseile geht sie vor dem Hintergrund der von Reformation und Gegenreformation geprägten Geschichte des 16. Jahrhunderts ein, auf ihren Lieblingsschriftsteller Stefan Zweig. Der habe die Lebensgeschichte der schottischen Königin Maria Stuart packend dargestellt. Und auch den Chor möchte Sabine Beyer nicht mehr missen, den Volkschor in Langendorf, dem sie 2016 bereits 40 Jahre lang die Treue hält. Kraft schöpft die Weißenfelserin zudem in der Volkshochschule - sie habe Spaß am Englischkurs. Geholfen habe ihr ferner der Lehrgang zur Hospizhelferin. In dem habe sie beispielsweise gelernt, das Sterben von Menschen gedanklich zu verarbeiten, eben diese innere Ruhe hinzubekommen. Die Zeit heilt alle Wunden - „Der Satz ist so wunderbar theoretisch, aber er stimmt, das habe ich so empfunden.“

Allein sein eine Qual

Und noch eine Erkenntnis habe ihr weitergeholfen - sich nicht zu Hause vergraben. Nicht mehr aus den eigenen vier Wänden herauszukommen, sei nicht gut für die Seele. Allein zu Hause zu sein, könne zur Qual werden. Niemand sei da, mit dem man erzählen könne, niemand, der einem zuhöre. Das zu verkraften, sei nicht einfach. „Der Vertraute fehlt, mit dem man alles besprochen hat. Trauer zu verarbeiten, ist schwer“, ergänzt sie. „Ich weiß, dass mit der Zeit und den Wunden, sagt sich so leicht dahin.“ Deshalb strecke sie auch denjenigen die Hand aus, um sie aus der Einsamkeit abzuholen, wieder hinein ins bunte Leben. (mz)