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MZ öffnet Türen MZ öffnet Türen: Familie lagert Vorräte aus dem Garten unter der Erde

Von IRIS RICHTER 07.12.2009, 18:30

OBERKAKA/MZ. - Denn Angermaiers besitzen den letzten erhaltenen Keller im Dorf, der sich außerhalb des Wohngebäudes befindet. Die Familie nutzt einen sogenannten Eiskeller als Vorratsraum. Das ist ein zum größten Teil unterirdisches Bauwerk, das früher vor allem auf Dörfern zum Aufbewahren von Eis diente und mit der Einführung von Kältemaschinen Ende des 19. Jahrhunderts langsam an Bedeutung verlor. Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts beschränkte sich die Nutzung der Eiskeller auf die wohlhabende Bevölkerung, so dass die Bauwerke oft in der Nähe von Gutshäusern angesiedelt waren. Kleinere Eiskeller wurden aber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und vereinzelt noch bis in die 1950er Jahre für die Lagerung von Vorräten genutzt. Die meisten Eiskeller sind allerdings mittlerweile abgerissen, zugeschüttet oder verfallen.

"Auch unser Eiskeller sah ziemlich wüst aus", erinnert sich Kerstin Angermaier und zeigt Fotos aus der Mitte der 90er Jahre. Damals erwarb ihre Mutter das Grundstück samt altem Lehmhaus, in dem einst der Schuster des Ortes wohnte. Dass zu dem Areal auch ein solcher Eiskeller gehörte, ist auf den Fotografien nur zu erahnen, denn der historische Vorratsraum zeigt sich dort komplett zugewuchert und ist nur als Hügel sichtbar. Nachdem mit viel Aufwand aus dem desolaten Wohngebäude ein gemütliches Heim gezaubert wurde, widmeten sich die Angermaiers auch dem Kellergewölbe. "Wir haben alles beräumt, die Sandsteine wurden abgestrahlt, und wir haben nach historischem Vorbild eine Tür anfertigen lassen", berichtet Kerstin Angermaier, die seit 1994 in Leißling ein Immobilienbüro betreibt. Auch der sichtbare Hügel wurde einer Schönheitskur unterzogen, frisch begrünt und über dem Eingangstor mit blühenden Bergenien versehen. Im hinteren Bereich des Hügels pflanzte die Familie Weinstöcke und Himbeeren an. "Als alles fertig war, klopfte sogar der Denkmalschutz an und staunte, dass es hier noch einen Eiskeller gibt und stellte diesen praktisch unter Schutz", erzählt die Endvierzigerin mit einem Schmunzeln.

Etwa sieben Grad herrschen konstant im Angermaier'schen Kellergewölbe. Einzig im kleinen Eingangsbereich kann es frostig werden, so dass bei eisigen Temperaturen frostgefährdete Dinge weggeräumt werden müssen. Früher, so hat Kerstin Angermaier erfahren, soll der Eiskeller von der Gaststätte, die sich einst auf der gegenüberliegenden Seite befand und Anfang 2007 abgerissen wurde, zur Bierlagerung genutzt worden sein. Heute bietet das Gewölbe für die Angermaiers die Möglichkeit, Kartoffeln, Äpfeln und Gemüse zu lagern. Außer den Kartoffeln, die von einem Bauern aus dem Dorf stammen, ist alles im eigenen Garten gewachsen. Auch das eingeweckte Obst stammt von den Bäumen, die auf dem 1 300 Quadratmeter großen Grundstück gedeihen. "Um den Garten und die Vorräte kümmert sich meine Mutter, mir bleibt dafür wenig Zeit", sagt Kerstin Angermaier.

Ein Teil der eingelagerten Reserven dienen der Familie als Futtermittel für die Hühner und Enten, die gehalten werden, wobei die Enten mittlerweile als Tiefkühlkost auf Weihnachten warten und dann als Festtagsbraten auf dem Tisch landen. "Leider können wir keine Blumenzwiebeln oder Ähnliches im Eiskeller lagern, dazu ist es zu feucht, denn manchmal drückt das Wasser doch durch die Steine", erklärt Kerstin Angermaier die Wassertropfen an der Decke.

Lesen Sie morgen: Einblicke in den Tresor des Museums Schloss Lützen.