Kirche Kleingörschen: Kirche Kleingörschen: "Hausmeister" im Gotteshaus

KLEINGÖRSCHEN/MZ - Harald Rittmann und Thoralf Böhme haben dieser Tage noch einmal kräftig zugepackt. Nun kann das Frühjahr auf den Friedhof in Kleingörschen kommen. Den Männern war wichtig, dass die vier Bäume, die sie weggenommen haben, nicht noch kräftiger werden und die Grabstätten zerstören. Die Genehmigung dafür lag vor, versichert Rittmann.

Der 62-jährige Ruheständler, einst Schlosser im Leuna-Werk, fühlt sich seit Jahren für die Kirche und ihr Umfeld mit verantwortlich. Er ist damit gewissermaßen in die Fußstapfen seines Schwiegervaters Ewald Sack getreten, der viele Jahre Kirchenältester in seinem Heimatdorf war. Harald Rittmann kam 1972 von Groß- nach Kleingörschen, als er seine Regina heiratete - und zwar im Kleingörschener Gotteshaus. Die Taufen seiner Kinder und nun auch schon der Enkel, aber auch Trauerfeiern haben ihn mit dem alten Gemäuer verbunden. „Die Holzkassettendecke hat noch ihre originale Bemalung von 1755“, macht er auf einen der viel zu selten beachteten Schätze in seinem Umfeld aufmerksam.

Es sei nie viel Geld für die kleine Wehrkirche dagewesen, doch dass sie mitten im Dorf ein typisches und schönes Ortsbild mitträgt, das sei ihm und anderen Kleingörschenern stets wichtig gewesen, versichert Rittmann. Deswegen geht nun seit ein paar Jahren auch die Uhr wieder. Horst Klingler habe das alte Uhrwerk repariert, Erich Hildebrandt das Zifferblatt gespendet, damit jederzeit am Turm abgelesen werden kann, wie spät es ist. Zur jeweils halben und vollen Stunde hämmert es die Information freilich auch durchs Dorf und 12 Uhr sowie 18 Uhr mittags schlagen sogar die großen Glocken. Seit 2011 wird die bewundernswerte Mechanik des alten Uhrwerks mit elektrischer Energie angetrieben.

Die Kirche Kleingörschen ist im 12. Jahrhundert zum Schutz der Bevölkerung erbaut worden. Sie ist eine einschiffige romanische Saalkirche mit einem dreiseitigen geschlossenen spätgotischen Chor. Besonders markant ist die hölzerne dekorativ bemalte Kassettendecke. In der Kirche befindet sich auch noch eine gut 190 Jahre alte Orgel, die zuletzt 2008 gereinigt und repariert wurde. Als Erbauer gilt der Bornaer Urban Kreutzbach, der „Silbermann des 19. Jahrhunderts“.

„Das tun wir für uns und für die Gäste, die uns entdecken, zum Beispiel kommen auf Radtouren etliche vorbei“, sagt Rittmann. Und eine Kirche sei eben immer Anziehungspunkt im Dorf. In ihr und um sie herum sollte alles seinen Zweck erfüllen und ordentlich und schön aussehen. Deswegen hat er zum Beispiel unter dem Wasserhahn den Boden befestigt, hat Haken für die Gießkannen und Werkzeuge an die Wand gebracht. Er pflegt den Rasen, kehrt den Vorplatz, Weg und Straße, sorgt für die Entleerung der Abfalltonnen und die Beseitigung des Komposts. Mit Handwerkern und Helfern gemeinsam wurden schon Risse im Gemäuer ausgebessert und hat die Kirche von innen einen neuen Farbanstrich bekommen. Die Friedhofsmauer wurde mit Pflanzsteinen neu aufgebaut und dass es auf ihr grünt und blüht, dieser Aufgabe hat sich Ehefrau Regina Rittmann angenommen.

„Damit das alles läuft, braucht es Menschen vor Ort, die Türen öffnen und koordinieren“, weiß Ortsbürgermeister Heinrich Hexel solche Einwohner wie Rittmann zu schätzen. Gerade jetzt, wo die Pfarrstelle Lützen-Röcken noch nicht wieder neu besetzt ist und die Kirchengemeinden nur vertretungsweise mit betreut werden. Nach außen soll das doch nicht spürbar sein.

Wenn im Mai das Scharnhorstfest wieder besonders viele Besucher in die Region bringt, werden wie jedes Jahr etliche an den Gedenkstein auf dem kleinen Friedhof kommen, auf dem der Name Franz Wilhelm Liebknecht steht, Secondeleutnants im Großherzoglich-Hessischen Leibregiment, der in der Schlacht von 1813 auf napoleonischer Seite fiel und dessen Grabstein hinter der Kirche von Kleingörschen an die vielen anderen Gefallenen erinnert.