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Christophorusschule Weißenfels Christophorusschule Weißenfels: Ein Rentner als Klassenlehrer

Von bärbel schmuck 20.04.2015, 17:20
Bernd Schlotte ist Klassenleiter der Siebenten, unterrichtet aber auch Deutsch und Mathematik in der vierten Klasse (Foto).
Bernd Schlotte ist Klassenleiter der Siebenten, unterrichtet aber auch Deutsch und Mathematik in der vierten Klasse (Foto). peter lisker Lizenz

weissenfels - Er könnte es sich gemütlich machen und seinen Ruhestand genießen. Doch Bernd Schlotte hat mit seinen fast 66 Jahren noch immer nicht genug vom Schuldienst. Bereits das zweite Jahr unterrichtet der Pädagoge auf eigenen Wunsch an der Christophorusschule in Weißenfels. Ein Ausnahmefall an einer besonderen Schule? „Das kann man schon so sagen“, ist von Schulleiter Norbert Solf und Bernd Schlotte selbst zu hören.

Schlotte hätte das nicht für möglich gehalten, denn die Schüler wollten ihn nicht akzeptieren. Der erste Schultag an dieser Fördereinrichtung sei der schlimmste in seiner gesamten Laufbahn als Pädagoge gewesen. „Die Kinder haben mich abgelehnt, ich war ihnen zu alt“, blickt der Zeitzer zurück. „Abends habe ich zu meiner Frau gesagt, da gehe ich nie wieder hin, das tue ich mir nicht an“, schildert Schlotte seine ersten Erfahrungen.

Doch am nächsten Tag versuchte er wiederholt, an der Förderschule mit ihren kleinen Klassen Vertrauen aufzubauen. Er wollte mithelfen, jenen Mädchen und Jungen mit Verhaltensauffälligkeiten neue Chancen zu geben. Mit Fachwissen und sozialer Kompetenz, aber vor allem mit Zeit, Ruhe und Geduld, die er hier selbst gelernt habe, wie Schlotte es beschreibt.

Seit dem Umzug aus dem beengten Domizil von der Stadtmitte in Weißenfels in die Südstadt haben die Schüler, die von ihren bisherigen Schulen hierher wechselten, mehr Platz - drinnen und draußen. Kinder und Lehrer fühlen sich wohl im größeren Gebäude, das zuvor das Medizinische Bildungszentrum (MBZ) allein nutzte. Die Räume sind doppelt so groß, die Flure breiter, der Schulhof kein Provisorium mehr, beschreiben die Lehrer. Und sie sprechen von einer deutlichen Verbessserung der Lehr- und Lernbedingungen für alle 13 Lehrer und pädagogischen Mitarbeiter, 54 Schüler, davon fünf Mädchen, in acht Klassen.

Gern zum Dienst

Bernd Schlotte liebt seine Arbeit. „Ich komme gern zum Dienst, das ist nicht gelogen“, meint er lächelnd und zurückblickend auf die ersten Tage und Wochen. „Das hätte ich schon viel früher machen sollen“, fügt der langjährige Grundschullehrer nachdenklich hinzu, der jetzt Klassenleiter in der Siebenten ist. „Wir haben uns gut zusammengerauft“, schätzt Bernd Schlotte ein. „Du musst die Kinder ernstnehmen, ihnen das Gefühl geben, dass sie wichtig sind. Du musst nicht nur Regeln aufstellen, sondern sie selbst auch einhalten, dann klappt das Miteinander“, sagt der Zeitzer.

Die Kinder spürten das genau, hätten einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Es sei eine Einstellungssache, in so einer Förderschule zu unterrichten. „Ich kann jeden Erfolg sehen und wenn dieser noch so klein ist“, sagt Schlotte. Er nennt Beispiele: „Wenn keiner im Unterricht ausrastet, was sich darin äußern kann, Stühle umzuwerfen, wenn die Klasse eine Arbeit schreibt und alle mitmachen, dann haben wir eine Menge erreicht.“

Dies werde mit den Eltern ausgewertet. „Wir haben einen direkten Draht zu ihnen, sprechen über Taschengeld, über Handy, das im Unterricht tabu ist.“ Hilfreich sei der neue Standort, sagt Schulleiter Norbert Solf. Zudem nehmen sich die Pädagogen allmorgendlich vor Unterrichtsbeginn und auch nach der Schule Zeit für Gespräche im Team. Dann werde der Tag ausgewertet. (mz)

Das neue Schulquartier im Südring in Weißenfels.
Das neue Schulquartier im Südring in Weißenfels.
Peter Lisker Lizenz
Das vorherige Schulquartier an der stark befahrenen Deichstraße
Das vorherige Schulquartier an der stark befahrenen Deichstraße
Peter Lisker Lizenz