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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Buslinie im Härtetest

Von PETRA WOZNY 10.11.2010, 19:16

HOHENMÖLSEN/MZ. - Wolfgang Zelle entging in den vergangenen vier Wochen nichts. Er kontrollierte, ob der Fahrplan eingehalten wurde, sah sich die Busfahrer genau an, beäugte Haltestellen, zählte sogar die Anzahl der Fahrgäste, nahm auch die Ordnung und Sauberkeit im Bus ins Visier. Fast täglich fuhr der Rentner von Hohenmölsen nach Weißenfels, immer zu anderen Zeiten - und dann machte er akribisch Notizen. Der 60-Jährige hat mit weiteren neun Frauen und Männern aus Hohenmölsen einen Monat lang als Testfahrer der Nahverkehrsservicegesellschaft Sachsen-Anhalt die vor einem Jahr neu eingesetzte Buslinie 800 geprüft, die Weißenfels, Hohenmölsen und Profen verbindet.

Von den zehn hatten sechs straff durchgehalten. Nun wurden die Ergebnisse auf den Tisch gelegt. Partner der Aktion sind der Burgenlandkreis, die Regionalverkehrsgesellschaft (RVG) Weißenfels und der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV). Die Linie ist Teil des Bahn-Bus-Landesnetzes, in dem sich das Land Sachsen-Anhalt planerisch und finanziell auch für Busverkehr engagiert. Die Linie bekommt jährlich rund 256 000 Euro Zuschuss. Die 800 verkehrt im Monat mehr als 300-mal. Rund 50 Fahrzeuge sind eingesetzt. Die RVG verzeichnete seit dem Neustart der Linie ein Drittel mehr Fahrgäste, das sind immerhin rund 10 200 Fahrgäste mehr.

"Da liegt uns Qualität am Herzen. Solch ein selbst initiierter Test hatte Premiere. Heute können wir sagen: Die Linie 800 hat sich bewährt und verdient eine gute Note", resümierte André Schröder (CDU), Staatssekretär im Verkehrsministerium. "Diese neue Strecke ist ein gutes Bindeglied zur Bahn in den Richtungen Naumburg, Merseburg, Halle und am Bahnhof Profen in Richtung Zeitz und Leipzig."

Die Note "sehr gut" hatten die Testfahrer mehrheitlich an die Busfahrer vergeben. "Manche sagen nicht muh und nicht meff, aber die meisten grüßen ihre Gäste. Man kennt sich mit der Zeit", bestätigte auch Senior Zelle. "Mir ist Pünktlichkeit besonders wichtig", betonte der 18-jährige Kevin Eisner. Der Mechatroniker arbeitet in Weißenfels in Schichten. "Da ist es schön, wenn man nach einer Überstunde nicht allzu lange auf den nächsten Bus warten muss." Angenehm war den Testfahrern auch aufgefallen, dass ausschließlich Busse mit einem Niederflureinstieg zum Einsatz kommen. Es sei damit ausreichend Platz für Rollstühle und Fahrräder, die kostenlos transportiert werden.

Klaus Rüdiger Malter, Geschäftsführer der Nasa, hörte so viel Lob natürlich gern, interessierte sich aber mit gleichem Interesse für Kritikpunkte und Anregungen der Testfahrer. Und auch damit hielten die Tester nicht hinter den Berg. Negativ aufgefallen war, dass sich am Hohenmölsener Kirschberg-Center für die Fahrgäste keine Unterstellmöglichkeit befindet. Gefragt wurde auch nach einem Halt am Mondsee, der mit Inbetriebnahme der Linie angekündigt war, aber immer noch fehlt. Thomas Böhm, Wirtschaftsamtsleiter in der Kreisverwaltung, reagierte: "Wir suchen immer noch nach einer tragbaren Lösung."

Ekkart Günther, RVG-Geschäftsführer, brachte es auf den Punkt: "Ich sehe die Verantwortung bei der Stadt Hohenmölsen und dem Zweckverband Pirkau. Sie sollten sich für eine solche Haltestelle mehr einsetzen als in den letzten zwölf Monaten." Der RVG gebe jedoch nicht auf, könnte sich sogar einen saisonalen Halt vorstellen.

Kritik gab es auch für die Anschlusszeiten. "Ich fahre regelmäßig von Hohenmölsen nach Merseburg", berichtete zum Beispiel Renate Zschech. Eine Umsteigezeit in Weißenfels zum Zug von nur drei Minuten sei einfach zu knapp. Diese Erfahrung machte auch die 26-jährige Susann Tiesel, die von Leipzig über Profen zu ihrem Wohnort nach Hohenmölsen muss. "Wenn ich den Anschluss in Profen verpasse, stehe ich dort zwei Stunden - und dieser Haltepunkt ist nun nicht gerade der Ort, wo man gern zwei Stunden steht." Malter versicherte, dass gerade die Anschlusszeiten der Linie 800 noch einmal auf den Prüfstand kommen. Und: In den kommenden drei Jahren bekomme Profen einen neuen Haltepunkt.

Auch in Weißenfels bahnen sich Veränderungen an. Der Busbahnhof wird ab dem kommenden Jahr vollkommen verändert. Während die Testergebnisse, vor allem die kritischen Hinweise, ausgewertet werden, ist eine neue Buslinie im Anrollen. Ab 12. Dezember halten die Züge nicht mehr in den Orten Bornitz und Reuden. Die Nasa schafft mit einem neuen Schnellbus die Verbindung zwischen Zeitz und Profen im Stundentakt und will damit auch den Anschluss an die Linie 800 über Hohenmölsen nach Weißenfels.