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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Alles muss raus

Von Petra Wozny 08.06.2012, 17:05

Hohenmölsen/MZ. - Das hat Hohenmölsen lange nicht gesehen: Vor dem ehemaligen Kaufhaus der Stadt in der Thälmannstraße steht noch vor Ladenöffnung eine dicke Traube Menschen. Immer mehr reihen sich in die Schlange. Dann schlägt die Kirchenuhr neun Mal. Die Schlecker-Verkäuferinnen öffenen die Tür. Ausverkauf ist seit Freitag angesagt. Auf deutsch heißt das: 30 Prozent auf alles.

Im Nu sind die Gänge des Drogeriemarktes rappelvoll. Es wird geschoben, geschubst, genommen, was das Zeug hält. Körbe gibt es nach ein paar Minuten nicht mehr. Nadine Poser hat eine Plasteeinkaufskiste auf den Kinderwagen gepackt und sucht vor allem Babypflege und Windeln. "Schade, dass hier geschlossen wird. Die gute Qualität zum günstigen Preis haben mich angesprochen. In ein paar Wochen haben wir nur noch die Discounter. Das ist echt wenig", bedauert die 27-Jährige die Schließung der Filiale. Nach dem Aus für die Filiale im Kirschbercenter vor wenigen Wochen macht nun auch der zweite Markt der Stadt dicht.

"Ich kann mir das nicht erklären, warum diese Kette den Bach runtergeht. Hier in Höhenmölsen waren die beiden Drogeriemärkte immer gut besucht", erzählt Ilse Haupt (75). Längere Wege muss Evelyn Geißler bald auf sich nehmen. "Das finde ich nicht in Ordnung. Was bleibt uns denn noch in der Kleinstadt?", fragt die 52-Jährige. "Wer im Alter noch Auto fahren kann, hat es noch gut. Obwohl es natürlich ein größerer Zeitaufwand und eine Mehrausgabe an Benzinkosten ist", gibt Egon Steinbrecher zu bedenken. Der 76-Jährige aus Zembschen steht etwas ratlos zwischen den Regalen. "Wir müssen uns nun erst einmal umorientieren, wo wir dann einkaufen werden." "Ich hatte hier alles auf einem Fleck. Die Auswahl war gut. Vom Pflegeprodukt bis zum Katzenfutter hatte ich alles bei einem Einkauf im Korb. Das ist das eine. Schlimm ist aber auch, dass die Frauen, die ich über Jahre kenne, nun arbeitslos werden", sagt Madeleine Schneider.

Voll bepackt ziehen all diese Kunden an Janett Kersten, eine der vier Mitarbeiterinnen der Schlecker-Filiale, vorbei. Fast stoisch setzt sie den Scanner auf Waschmittel, Haarspray, Hundefutter und Lippenstifte. Im Minutentakt öffnet und schließt sich die Kasse.

Nach einem Lächeln ist der Hohenmölsenerin nicht. "Ich bin seit 13 Jahren hier, es war eine schöne Arbeit", sagt die 41-Jährige bedrückt. Als die erste Schließungswelle kam, habe sie schon ein komisches Gefühl gehabt, doch es sei ja glücklicherweise weiter gegangen. "Jetzt haben wir von der Schließung per Fax erfahren", sagt sie und fügt hinzu: "Ich habe mich schon mal vorsorglich umgehört. Mit Arbeit sieht es schlecht aus. Ich weiß nicht, wie es mit mir weiter geht. Wahrscheinlich werde ich arbeitslos. Wir sollen Ende des Monats alle die Kündigung bekommen." Dann blickt sie mal kurz hoch: "Bedauerlich, dass plötzlich so viele kommen, die sonst nie hier waren." Und das Gedrängel um den letzten Schlecker-Rest geht weiter.