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Besucher erleben das Gefecht hautnah

Von KLAUS-DIETER KUNICK 02.05.2010, 16:00

GROSSGÖRSCHEN/MZ. - Mit zwei mächtigen Schüssen aus ihrer Kanone machten Martina und Andreas Hölzchen sowie Bert Witke und Gerd Gottwald am Sonnabend auf die historische Gefechtsdarstellung zwischen den preußischen und französischen Truppen aufmerksam. Die vier "französischen" Soldaten aus Finsterwalde von der Arbeitsgemeinschaft Befreiungskriege gehörten zu den 500 Mitwirkenden aus verschiedenen Traditionsgruppen, die mit ihrem Vorgehen auf dem Schlachtfeld nachempfinden ließen, was sich hier in der Gegend um Großgörschen am 2. Mai 1813 abgespielt hat.

Am späten Sonnabendnachmittag setzten alsbald die Kampfhandlungen ein. So gab es Kanonenschüsse von links, das waren die Franzosen, dann waren gewaltige Kracher auf der rechten Seite zu hören, abgefeuert von den preußischen Truppen. Schützen rückten schießend vor, immer wieder jagten am Rande Reiter entlang. "Sie sollen beim Gegner Verwirrung stiften", erklärte per Mikrophon Moderator Peter Mechler. Im Nu umzingelten Reiter den Gegner und griffen mit Säbeln in das Gefecht ein. Neben Mechler moderierte Rüdiger Peters die Gefechtsrekonstruktion. Er erinnerte an die Leiden der Zivilbevölkerung jener Zeit, die schutzlos den Handlungen ausgesetzt war. "Wir befassen uns ausgiebig mit der Geschichte", war von Gerd Gottwald zu erfahren. Mitunter seien die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft als Kriegsverherrlicher bezeichnet worden, aber das stimme auf gar keinen Fall.

Das Gefecht war zweifelsfrei einer der Höhepunkte am vergangenen Wochenende anlässlich des 197. Jahrestages der Schlacht bei Großgörschen. Aber es gab noch jede Menge mehr Gelegenheiten, den Tag zu genießen. Im vollbesetzten Festzelt brachte das Konzert der Musikschule Fröhlich die Gäste auf andere Gedanken, es ging zudem beim Scharnhorstlauf sportlich zu, das Platzkonzert der Schalmeien aus Wernsdorf fand seine Liebhaber und viele Fans von Ute Freudenberg sangen Sonntagnachmittag bei ihrem wohl berühmtesten Lied von der Jugendliebe mit.

Mit einem ganz anderen Thema befasste sich Herbert Groffik aus Aschersleben. Der 74-Jährige schaute sich im Heimatmuseum genau um. Und das aus gutem Grund: Musste er doch als Kind die Flucht seiner Familie 1945 aus Oberschlesien miterleben. Die Sonderausstellung "Vertreibung, Flucht, Ansiedlung, Heimat" hatte es dem Senior besonders angetan. "Ich kann da nichts machen, wenn man das sieht, kommen automatisch die Kindheitserinnerungen wieder hoch." Noch immer träume er mitunter davon. Um diese Zeit zu bewältigen, schreibt Herbert Groffik das Erlebte in einer Chronik auf. Schade sei allerdings, dass sich für diese Zeit die Jugend kaum noch interessiere. "Ich will nicht sagen, dass sie die Geschichte negiere. Aber ihre Interessenlosigkeit ist erschreckend."

Im Heimatmuseum schauten sich zudem Inge (56) und Gerhard (71) Schumann aus Markranstädt um. Bei den landwirtschaftlichen Exponaten machte dem Markranstädter keiner etwas vor, die kannte er alle. Hatte er doch einst in der Landwirtschaft gearbeitet. "Viele junge Leute kennen die nicht mehr. Einige Kinder denken doch immer noch, die Kuh ist lila", sagte schmunzelnd Inge Schumann.

Aber ein Exponat kannte ihr Mann ebenfalls nicht - das demonstrierte Jörg Heise, der Leiter des Heimatmuseums: Eine weibliche Mausefalle. Geschwind holte er das Modell hervor - obenauf saß eine Holzmaus. Heise ließ sie ein Gerüst hochklettern bis die Maus vor einem Spiegel hockte, nicht aufpasste und prompt in ein Loch fiel, aus dem sie nicht mehr herauskam. "Ein bisschen Spaß muss doch sein", so der Museumsleiter. Heise hatte zugleich zahlreiche Fragen von Besuchern zu beantworten, wenn es um die Schlacht von 1813 ging. "Es gibt viele Bürger, die genau wissen wollen, wie sich das alles hier zugetragen hat", sagte er.