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Alte Bräuche Alte Bräuche: Bergamt drohte mit Strafe für Pfingsttanz

Von Jörg Müller 15.05.2002, 17:00

Eisleben/MZ. - Auch wenn genaue Gründungsdaten meistens nicht bekannt sind, könnten die Pfingstgesellschaften der Grunddörfer als die ältesten Heimatvereine im Mansfeldischen angesehen werden, meint Klaus Foth, Heimatforscher und Mitglied der Kreisfelder Pfingstgesellschaft. Offenbar sind die ersten dieser Vereine zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegründet worden. Und bis in die 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts existierten Pfingstgesellschaften in vielen Orten des Mansfelder Landes, so Foth.

Nach alter Tradition beginnt das Pfingstfest mit dem Schlagen und Austragen der Maien am Freitag beziehungsweise Sonnabend. Jede Familie bekommt eine Maie - und entrichtet dafür einen kleinen Obolus. Am ersten Feiertag treffen sich die Pfingstburschen zu Umzügen; abends gibt es in allen vier Dörfern Tanz. Ernst wird es für die Pfingstburschen im Morgengrauen des zweiten Feiertages: Die bunt geschmückten Läufer, die den Sommer verkörpern, wecken sie mit Peitschenknall. Dann ziehen alle in den Wald: die Hergisdorfer auf die so genannte Wildbahn, die Kreisfelder ins Katharinenholz und die Ahlsdorfer ins Brandholz. Letztere feiern allerdings kein Dreckschweinfest. Dabei suhlen sich die Dreckschweine, die den Winter darstellen, in einem Schlammloch, bis sie von den Läufern mit ihren Peitschen vertrieben werden.

Bis 1958, so berichtet Klaus Foth, feierten alle drei Pfingstgesellschaften auf der Wildbahn: Ahlsdorf vorn, Kreisfeld an der Kaisereiche und Hergisdorf an der Försterspitze. Dann verbot die SED den alten Brauch - gab jedoch 1964 "klammheimlich klein bei", so Foth: Nachdem die Bevölkerung irgendwie ihren Unmut über das Verbot gezeigt habe, durften die Hergisdorfer wieder auf die Wildbahn ziehen.

Es war übrigens nicht das erste Mal, dass der Pfingsttanz den Herrschenden ein Dorn im Auge war. So störte sich bereits im Mittelalter die Kirche an den "Pfingstbiersäufern". 1798 drohte das Bergamt Eisleben den Pfingsttänzern mit Bestrafung; 1823 verbot die preußische Regierung die Verkleidung.

Bis in die 30-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war der dritte Pfingstfeiertag der Tag der Waldpartie, berichtet Heimatforscher Foth. Heute treffen sich am Dienstag die Pfingstgesellschaften zum Eiersammeln mit Musik. Anschließend wird Rührei gebraten. In Hergisdorf müssen vor dem Essen noch die neu aufgenommenen Pfingstburschen auf Erbsen kniend das Vaterunser sprechen. Am Nachmittag sind dann immer die Rentner aus Hergisdorf und Kreisfeld eingeladen.