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Steinschlag im Bodetal in Thale Steinschlag im Bodetal in Thale: Fangzäune gegen Felsbrocken

Von Detlef Horenburg 22.10.2015, 19:25
Rene Gelfert steht an einem Steilhang im Bodetal, damit der lange Ausleger des Bohrgerätes auch punktgenau aufgesetzt werden kann.
Rene Gelfert steht an einem Steilhang im Bodetal, damit der lange Ausleger des Bohrgerätes auch punktgenau aufgesetzt werden kann. chris wohlfeld Lizenz

Thale - Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit sind die Hangsicherungsarbeiten gegen Steinschlag auf dem Goetheweg im Bodetal in Thale gestartet. Auf dem 800 Meter langen Abschnitt zwischen dem Abschnitt Waldkaterbrücke und der Gaststätte „Königsruhe“ versperren deshalb zwei große Blechtore den Bodetal-Besuchern den Blick auf die Sicherungsarbeiten, wo einst nur einfache Bauzäune standen.

„Die Arbeiten sind nicht ungefährlich“, sagte Volker Emmerich zu den erforderlichen Sicherungsbauten am Weg. „Die massiven Tore sind notwendig, weil so manchem Besucher genau an der Baustelle die Neugier packt, um die Arbeiten der vier Bauspezialisten zu beobachten“, sagte er. Emmerich spricht aus Erfahrung. Für ihn sind die Arbeiten im Bodetal kein unbekanntes Terrain. Bereits vor genau drei Jahren hat seine Firma in der Nähe des Gasthofes „Königsruhe“ einen knapp 18 Tonnen schweren Felsbrocken, der akut absturzgefährdet war, durch Stahlseile abgesichert. Die Männer um Polier Michael Müller haben damals ebenfalls im gefährdeten Bereich über dem Gebäude der Bergwacht und der Gaststätte einen etwa 50 Meter langen Steinschlagschutzzaun am Roßtrappenfelsen montiert.

Emmerich und die vier Bauleute gehören zu der aus dem sächsischen Dorfhain stammenden Fachfirma Jähnig für Fels- und Böschungssicherung, die seit knapp drei Wochen die Hang-Sicherungsarbeiten im Auftrage des Landesforstbetriebes durchführt. Die Firma ist seit über zwei Jahrzehnten auf Fels- und Böschungssicherung durch Steinschlag-Schutznetze oder Fangzäune, speziell in schwierigen und steilen Geländen, spezialisiert hat. „Die Arbeit ist spannend und abwechslungsreich“, versichern die Männer. So sei man nicht nur in der Sächsischen Schweiz oder anderen Teilen Deutschlands unterwegs, sondern auch im Ausland auf Montage, so Teamleiter Müller.

Für rund 700.000 Euro sollen bis zum Jahresende acht Fangzäune von jeweils 10 bis 25 Metern Länge in den schroffen Felsrinnen zwischen den Berghängen gespannt werden, um künftig Steinschläge auf dem Teilabschnitt des Wanderweges „Harzer Hexenstieg“ zu vermeiden. Zuvor wurden dazu durch vom Land bestellte Gutachter die gefährdeten Steinschlagstellen analysiert.

„Wir können nicht auf der kompletten Länge von 800 Metern einen Zaun ziehen“, sagte Thorsten Rommel. Das sei finanziell und insbesondere im naturschutzrechtlichen Sinne nicht möglich, da man sich in einem der ältesten Naturschutzgebiete des Harzes befindet. „Deshalb sind wir bemüht, die Eingriffe in die Natur auf ein Mindestmaß zu beschränken“, sagte Rommel. Der Bereichsleiter des Landesforstbetriebes Sachsen-Anhalt ist gemeinsam mit der Firma Geoplan aus Weimar für die Bauüberwachung zuständig. Rommel hob die „zeitlich sportliche Zielstellung“ für das Vorhaben hervor. Erst im März sei die naturschutzrechtliche Befreiung erteilt worden, danach erfolgten die Planung und Ausschreibung.

Insgesamt werden rund 130 Löcher ins Granitgestein gebohrt, auf die später die Grundplatte für die Stützen und Seilanker montiert werden. 22 Millimeter starke gespannte Stahlseile halten dann die Netze zwischen den Stahlträgern - den sogenannten Zaunsäulen. Diese werden durch vier Meter lange Gewindestäbe verankert. Hierzu muss der Bohrtrupp bis zu sechs Meter tief die bis zu elf Zentimeter starken Bohrlöcher durch den Hangschutt treiben, um in den festen und stabilen Granitfels zu gelangen. Die Gewindestäbe werden dann mit einer Zementsuspension ins Bohrloch gepresst.

„Die Bohrarbeiten erfolgen abschnittweise, um keine Steinschläge zu provozieren“, sagte Bauleiter Emmerich. Die Eigensicherung der Bauspezialisten habe schließlich höchste Priorität - erfolgen doch die Arbeiten in einer Höhe von bis zu 30 Metern und bis zu 60 Meter in den Hang hinein. Wenn das Wetter es zulässt, sollen dann die 240 Millimeter starken Stahlträger mit Hilfe eines Hubschraubers in dem schwer zugänglichen Hanggebiet montiert werden.

An diesen vier bis sieben Meter hohen Trägern werden dann fast ein Zentimeter starke Netze aus Stahldraht befestigt. Bei einem Gesteinsaufprall kann sich solch ein Spezialnetz bis über sechs Meter ausdehnen, um die Aufprallenergie des herabstürzenden Felsbrockens aufzunehmen. „Rund 2 000 Kilojoule muss so eine Zaun an Aufprallenergie eines tonnenschweren Felsbrockens aufnehmen“, sagte Emmerich. Carsten Werner, Baubetreuer der Firma Geoplan, verdeutlicht: „Der Zaun muss einen Lkw aufhalten können.“

Wenn das Wetter mitspielt, soll die Hangsicherung im Bodetal bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, hofft Rommel. Nach Abschluss der Arbeiten sollen die Flächen des gesicherten Bereiches laut einem Vorvertrag der Stadt Thale übertragen werden. (mz)

Mitarbeiter einer Spezialfirma sind dabei, den Hang zu sichern.
Mitarbeiter einer Spezialfirma sind dabei, den Hang zu sichern.
Chris Wohlfeld Lizenz