Neue Verbindungsbrücke schwebt ein Neue Verbindungsbrücke schwebt ein: Es ist eine filigrane Lösung

Quedlinburg - Am Dienstagmorgen ist sie auf einem Lkw in der Quedlinburger Schulstraße angekommen, jetzt schwebt sie am Kran zu ihrem zukünftigen Platz: die rund 4,50 Meter lange und 1,50 Meter breite Brückenkonstruktion.
Das etwa 1,8 Tonnen schwere Bauwerk aus Stahl und einem Gitterrostbelag, die pulverbeschichtet wurden, wird das Obergeschoss der Franziskanerkapelle mit der Sekundarschule Bosseschule verbinden.
„Wir wollten so wenig wie möglich in die Substanz der Gebäude eingreifen“
Mitarbeiter der K. Köchling GmbH aus Volkmarsen, wo die Konstruktion mit zwei Podesten und vier Stufen auch vorgefertigt wurde, sind nun dabei, die Brücke an ihren Platz zu bringen. Das ist zwischen den Gebäuden mit Gesimsen Millimeterarbeit.
„Einmal hoch, dann rüber!“, „Noch ein bisschen rüber!“ lauten die Anweisungen in Richtung des Kranfahrers, um das Stahlbauwerk genau dorthin zu bringen, wo es dann auf je zwei im Mauerwerk verankerten Stahlprofilen befestigt wird. „Wir wollten so wenig wie möglich in die Substanz der Gebäude eingreifen“, erklärt Eva Schwarz vom Architekturbüro Schwarz und Sturmat.
Im 16. Jahrhundert gab es schon eine Schule im Kloster
Seit 2018 sind an der Kapelle im Auftrag der Stadt Quedlinburg - sie ist Eigentümerin - umfangreiche Arbeiten durchgeführt worden. Das Gebäude ist ein noch erhaltener Teil des ehemaligen Franziskanerklosters aus dem 13. Jahrhundert, das nach der Reformation aufgegeben wurde und in das im 16. Jahrhundert eine Schule eingezogen war.
Mit dem Abriss angrenzender Gebäude wurde auch ein Teil der Kapelle abgerissen; und so gab es viele statische Probleme. Mit den Arbeiten - darunter dem Abtragen und dem Wiederaufbau des Mittelpfeilers oder das Schaffen neuer Auflagen für die Gewölbe - ist die Kapelle nun wieder standsicher.
Ziel der aus dem Programm „Stadtumbau Ost - Aufwertung“ geförderten Arbeiten war, die Kapelle, die zuletzt nur noch Lager war, in eine neue Nutzung zu bringen: Sie soll der Sekundarschule Bosseschule - 1891/1892 an Stelle des abgerissenen Klosters gebaut - künftig als multifunktionaler Raum zur Verfügung stehen. Allerdings gib es im Inneren der Kapelle keine Treppe ins Obergeschoss.
„Eine Brücke war die zurückhaltendste Lösung und ist für die Schule gut nutzbar“
„Es gab Überlegungen, die Kapelle als autarkes Gebäude zu belassen“, erklärt Eva Schwarz. Doch es mit einer separaten Treppe zu versehen, hätte zu viel Platz beansprucht; zudem fehlten auch für eine eigene Nutzung notwendige Sanitäranlagen. „Eine Brücke war die zurückhaltendste Lösung und ist für die Schule gut nutzbar“, erklärt Eve Schwarz.
Die Lösung sollte dabei so filigran wie möglich sein, die Kapelle an sich soll als Baukörper noch wirken, erklärt Thomas Malnati, Fachbereichsleiter Bauen bei der Stadtverwaltung Quedlinburg. „Ich denke, es ist gut gelöst worden.“
Die Brücke führt von einem Fenster im ersten Obergeschoss der Bosseschule hinüber zur Kapelle. Am Fenster im Schulhaus wurde dafür die Brüstung herausgenommen, an der Kapelle wird eine vorhandene Türöffnung im Obergeschoss genutzt.
Neue Bleiverglasung für Fenster
Nach Abschluss der statischen Sicherung sind die Arbeiten an der Kapelle selbst ebenfalls fortgesetzt worden. So haben die Fenster eine neue Bleiverglasung erhalten, die nach den Entwürfen des Architekturbüros gebaut wurde.
Fortgesetzt werden soll nun auch der Innenausbau. Im Erdgeschoss, berichtet Eva Schwarz, seien wertvolle Malereien aus dem 15. Jahrhundert gefunden worden. Sie sollen unter einer Schutzschicht bewahrt werden, bevor die Wände eine neue Gestaltung erhalten - bei der vielleicht auch ein kleines Sichtfenster auf die Malereien offen bleibt.
Bei den Arbeiten hat sich auch gezeigt, dass der Fußboden der Kapelle ursprünglich 50 Zentimeter tiefer lag. Hier habe es Überlegungen gegeben, den Boden wieder abzusenken, so die Architektin. Dagegen habe aber gesprochen, dass eine Treppe hätte eingebaut werden müssen, der Raum nicht mehr barrierefrei gewesen wäre.
Und, fügt Kerstin Krykalla, Projektbetreuerin seitens der Stadtverwaltung hinzu, durch eine Treppe würde auch die nutzbare Fläche wieder verringert.
„Es wäre zu befürchten, dass die Konstruktion wieder ins Rutschen kommen könnte“
Es gab aber auch statische Gründe, erklärt Eva Schwarz. Die Fundamente der Kapelle seien auf der Hofseite nicht so tief wie auf der Straßenseite. „Es wäre zu befürchten, dass die Konstruktion wieder ins Rutschen kommen könnte“, so die Architektin. Es werde aber wahrscheinlich ein Sichtfenster im Boden geben, dass einen Blick auf den originalen Fußboden der Kapelle ermögliche.
Die Arbeiten in und an der Kapelle - so soll auch eine zugemauerte Türöffnung auf der Rückseite wieder geöffnet werden - sollen im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Die Bosseschule soll sie dann nutzen können, um hier beispielsweise auch kleine Ausstellungen durchzuführen.
Die Kapelle macht für die Schüler aber auch ein Stück Stadtgeschichte erlebbar, sagt Eva Schwarz. Wie Kerstin Krykalle berichtet, gebe es bereits eine Nutzungsvereinbarung mit dem Landkreis Harz; er ist Träger der Bosseschule. (mz)

