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Denkmal inmitten der Stadt Denkmal inmitten der Stadt: Bosseschule könnte Klostergebäude nutzen

Von Petra Korn 08.02.2018, 06:55
Architektin und Bauleiterin Grit Janek erläutert, welche Arbeiten im Erdgeschoss der Kapelle geplant sind.
Architektin und Bauleiterin Grit Janek erläutert, welche Arbeiten im Erdgeschoss der Kapelle geplant sind. Jürgen Meusel

Quedlinburg - Große Risse durchziehen das Mauerwerk, Steine sind herausgebrochen, über den Giebel sind sichernde Netze gespannt: Dass an der Franziskanerkapelle in der Quedlinburger Schulstraße dringend Arbeiten erforderlich sind, ist nicht zu übersehen.

Das Bauwerk soll aber nicht nur gesichert werden. Die Stadtverwaltung Quedlinburg plant, die Kapelle zu sanieren; die Arbeiten dafür sollen in dieser Woche starten. Das kleine Gebäude soll dann durch die benachbarte Bosse-Sekundarschule genutzt werden können.

Denkmal inmitten der Stadt: Zwei Joche sind noch erhalten

Die Kapelle ist ein Rest des ehemaligen Franziskanerklosters aus dem 13. Jahrhundert. „Sie war ursprünglich dreijochig“, sagt Grit Janek, Mitarbeiterin beim Hoch- und Tiefbauamt sowie Bauleiterin. Zwei Joche - Gewölbeabschnitte - sind noch erhalten.

Mit dem Abriss angrenzender Gebäude um 1894/95 waren auch ein Teil der Kapelle abgerissen und damals moderne Bauelemente hinzugefügt worden. So erhielt das Bauwerk einen neogotischen Treppengiebel, und die Fenster bekamen neogotische Maßwerke.

Das Kloster war schon nach der Reformation aufgegeben worden, ab dem 16. Jahrhundert zog eine Schule ein, weiß Grit Janek. Wie die Kapelle genutzt wurde, ist nicht bekannt.

Zu DDR-Zeiten war sie Turnraum, später Abstellkammer. „An der Kapelle gibt es schon seit langem statische Probleme“, so die Architektin.

Risse im Mauerwerk zeigten sich, seit im 15. Jahrhundert Umbaumaßnahmen stattgefunden hatten: Die Rippen an der Gewölbedecke im Erdgeschoss - wenn nicht sogar die gesamte Gewölbedecke - waren nachträglich eingebaut worden.

Und auch der Umbau im 19. Jahrhundert mit dem Errichten des neuen Giebels brachte weitere statische Probleme mit sich. „Zu sehen ist das an den extrem starken Rissen im Mauerwerk“, so Grit Janek.

Denkmal inmitten der Stadt: Malereien an der Gewölbedecke

2013 wurde ein Förderantrag gestellt. Baubecon, Stadt, Denkmalpflege waren sich einig: Wenn jetzt nichts getan wird, geht die wertvolle Bausubstanz verloren, erklärt Volker Barth, Sachgebietsleiter Hoch- und Tiefbau.

Geprüft worden sei, wie das Gebäude gesichert werden könnte. Dabei gab es auch Untersuchungen zur Standfestigkeit - und zur Bauhistorie. „Wir haben sehr wertvolle Befunde aus dem 13. und 15. Jahrhundert“, nennt Grit Janek beispielsweise Malereien an der Gewölbedecke.

„Auch von der Baustruktur an sich ist das Gebäude sehr wertvoll, weil es als historisches Rudiment vom Klosterleben erzählt.“

Denkmal inmitten der Stadt: Schule soll Bauwerk nutzen

Noch während der Planungen für Sicherungsarbeiten kam die Frage einer möglichen Nutzung auf. „Die einheitliche Meinung war, dass mit einer Sicherung nicht ein Provisorium geschaffen werden sollte, dass dann Jahre später vielleicht wieder zurückgebaut wird“, sagt Volker Barth.

So wurde ein neuer Förderantrag gestellt für eine komplette Sanierung mit anschließender Nutzung durch die Bosseschule.

Vorgesehen ist, zunächst die Dacheindeckung abzunehmen und Gewölbe wie Außenmauerwerk zu sichern.

Dafür soll beispielsweise der Mittelteil zwischen den Fenstern zur Straßenseite hin herausgenommen und mit den alten Steinen neu aufgemauert werden.

Der Giebel soll saniert, die Kapelle nach Abschluss der Sicherungsarbeiten eine neue Dacheindeckung aus Schiefer erhalten. Im Inneren sollen der je eine Raum im Unter- und Obergeschoss saniert werden.

„Wir werden versuchen, hier so viel wie möglich zu erhalten und vielleicht sogar restauratorisch aufzuarbeiten“, weist Grit Janek auf die Malereien.

Denkmal inmitten der Stadt: Kloster soll für sich wirken

Ursprüngliche Überlegungen, für eine Nutzbarkeit des Obergeschosses eine Außentreppe bis hin zu einem Anbau im Hofbereich mit Garderobe und Sanitäranlagen zu errichten, wurden verworfen.

„Wir sind zu dem Schluss gekommen, das Franziskanerkloster soll für sich wirken“, so Volker Barth. Das Obergeschoss soll über eine Brücke, die vom ersten Geschoss des Schulhauses hinüberführt, erreichbar sein.

Für die künftige Nutzung des Gebäudes werde derzeit eine Vereinbarung erarbeitet, sagt Grit Janek. Die Bosseschule habe sich hier mit einem Konzept eingebracht. So sollen die Räume zum Beispiel für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden können.

Für die Sicherung und den Ausbau sind insgesamt 420.000 Euro im Haushalt eingeplant; sie werden zu 100 Prozent aus dem Programm „Stadtumbau Ost - Aufwertung“ finanziert.

Wie Volker Barth sagt, werden die Arbeiten durch einen Restaurator und einen Bauforscher begleitet. (mz)

Das aus der Zeit 1894/95 stammende Foto zeigt die Kapelle vor dem Abriss der rechts angrenzenden Gebäude.
Das aus der Zeit 1894/95 stammende Foto zeigt die Kapelle vor dem Abriss der rechts angrenzenden Gebäude.
Jürgen Meusel