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Harzkreis Harzkreis: Wilde Clowns auf Eier-Jagd

Von STEPHAN NEEF 20.07.2010, 15:32

WEDDERSLEBEN/MZ. - Mark Weber ist erst acht Jahre alt. Was er eines Tages werden will, weiß er vermutlich noch nicht. Doch die Chancen stehen gut, dass Mark irgendwann Hauptmann wird - Schützenhauptmann. Und dann einmal im Jahr mit Frack, Zylinder und weiß-grüner Schärpe auf einem edlen Schimmel durch Weddersleben reitet, einen Tross aus Majestäten und vielköpfigem Fußvolk im Schlepptau. 20 Jahre war sein Großvater Werner Weber der schwarze Reiter auf dem weißen Ross, seit 2003 steckt Vater Oliver Weber im Ornat des Hauptmanns. Denn das Amt wird vererbt, während die Schützenkönige alljährlich um Rang und Schärpe kämpfen müssen.

Am vergangenen Wochenende feierte die Schützengesellschaft 1809 Weddersleben ihr diesjähriges Volks- und Schützenfest. Während 2009 das 200-jährige Jubiläum des Vereins begangen wurde, stießen die 43 Schützenbrüder und -schwestern diesmal auf den 20. Jahrestag der Neugründung an. Oliver Weber saß zum achten Mal auf seinem Parade-Pferd. Hinter ihm schritt, inmitten des Königsgefolges, sein stolzer Nachwuchs: Mark, der zum besten Jungschützen gekürt wurde und dessen Schwester Marie (13), die bei den Ballwurf den Bronze-Platz belegte.

Früh übt sich, wer einmal Meister- oder Königsehren genießen will. Für ein Jahr sind die Geschwister nun - wie ihre erfolgreichen Altersgefährten Lucas Dietz und Kreis-Kinder-König Patrick Franke - faktisch in den Rang eines "Kronprinzen" bzw. einer "Kronprinzessin" aufgestiegen. Ihre Zukunft scheint viel versprechend. Vielleicht wird irgendwann eine schwarz gewandete Amazone den Festzug anführen.

Neben den Webers machte vor allem Raik Rienäcker von sich reden, der gleich einen vierfachen Triumph feiern konnte: Er wurde neuer Schützenkönig und mit der alten Schützenkette geehrt, war Spitzenreiter beim Kampf um den Jubiläumsorden, der anlässlich des 20. Jahrestages der Neugründung gestiftet wurde, und belegte im vereinsoffenen Pokalschießen hinter der Quedlinburger Hubertus-Schützin Petra Grafe den zweiten Platz. Nur auf dem Tanzboden, bei den Königswalzer-Klängen der Thalenser Musikanten, machte er noch keine so gute Figur.

"Ihr liefert ein gutes Schützenfest ab", bescheinigten Vertreter der zwölf Gastvereine den Wedderslebener Organisatoren, wie Andreas Hohley, 1. Vositzender des Vereins, der MZ berichtete. Auch das Schützen-Oberhaupt war zufrieden, nicht nur wegen des Kantersieges seiner Gattin Tamara (beste Ballwerferin) oder des Erfolges seines künftigen Schwiegersohnes Jens Niecke (Gästepokal). Der Harzgeröder Zeltwirt Ingolf Laubinger habe wie immer eine "gute Qualität der Versorgung" gewährleistet. Und die Schausteller-Familie Straube (Bad Düben), die mit Auto-Scooter, "Spielsaloon", Kinderkarussell und "Sympathischer Schießbude" erstmals in Weddersleben gastierte, will 2011 wiederkommen. "Es hat ihnen hier gut gefallen", weiß Hohley.

Mit Andreas Knopf hatten die Schützen erstmals auch einen "Jodlerkönig" eingeladen, der von der Altenbraker Trachtengruppe begleitet wurde. Den Part der Nienburger Kultband "Tänzchentee", die 2009 begeisterte, übernahm das Quartett "Vocal" aus Hettstedt. "Das Zelt war wieder brechend voll", schwärmt der Vereinschef vom samstäglichen Festtanz. Neu war neben der Folklore-Show und einem Kinderprogramm auch der "Spaß-Biathlon" für Jung und Alt. Nach der Schießkür musste auf Luftrollern ein Slalom-Parcours bewältigt werden. Wer daneben schoss, kassierte Strafminuten.

Doch in Weddersleben kann selbst ein Wackelschütze zu besonderen Ehren kommen: Wer bei drei Versuchen dreimal eine "Eins" schießt, wird "Schlumpschütze". Und als einziger Ballermann im Königsumzug gefahren - in einem Handwagen, der nach einer Kreuzung aus Clownskarre und römischer Kampfwagen-Karikatur aussieht. Apropos Clowns: Das berühmt-berüchtigte Harlekin-Geschwader aus wild kostümierten Jungmännern zog am Sonntagmorgen wieder lautstark durch's Dorf, um alle Langschläfer zu wecken und die Hausfrauen zur Herausgabe (roher) Hühnereier zu bewegen. Denn zum abschließenden Freibier-Ausschank am Montag gab es wie immer Rührei en masse.

Wer sich so gestärkt hatte, konnte letztmals zum "Sex-Test" schreiten. Ein (Münz-)Automat las den Probanden aus der Hand und verriet, wie "heiß" oder gar "feurig" er oder sie ist. Bei Bedarf konnte man(n) umgehend eine Liebeskrawatte schießen, auf der eine unmissverständlichen Einladung prangte: "Love me" hieß es auf dem Liebhaber-Schlips.