1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Diese Menschen wollen Barrieren in Quedlinburg beseitigen

Rollstuhlfahrer, Kinderwagen, Senioren Diese Menschen wollen Barrieren in Quedlinburg beseitigen

Im Jahr 2015 war die Arbeitsgruppe „Design für alle“ gegründet worden. Was seitdem erreicht wurde - und wie es weitergeht.

Von Almut Hartung 16.06.2021, 10:00
V.l.n.r.: Astrid Staudenraus, Ulrike Döcke, Klaus Stegmann, Samantha Mantel und Jeannette Schmidt  arbeiten eng zusammen.
V.l.n.r.: Astrid Staudenraus, Ulrike Döcke, Klaus Stegmann, Samantha Mantel und Jeannette Schmidt arbeiten eng zusammen. (Foto: Almut Hartung)

Quedlinburg - „Unser größter Erfolg ist, dass wir immer noch da sind, dass wir weiter arbeiten. Ohne den Oberbürgermeister hätten wir längst aufgegeben“, sagt Astrid Staudenraus rückblickend über die Arbeitsgruppe „Design für alle“ und über die Widerstände, gegen die sie und ihre Mitstreiter in den ersten Jahren nach der Gründung 2015 ankämpfen mussten.

Mit wenig Aufwand und möglichst geringen finanziellen Mitteln die Barrierefreiheit in Quedlinburg zu verbessern - diesem Ziel haben sich Astrid Staudenraus, Klaus Stegmann und Jeannette Schmidt verschrieben. Die drei Quedlinburger bilden die Arbeitsgruppe „Design für alle“, die fast jedes Jahr einen Stadtrundgang zur Barrierefreiheit durch die Quedlinburger Quartiere durchführt.

Die Idee dazu hatte die ehemalige Beauftragte für Seniorenangelegenheiten der Stadt Quedlinburg, Ulrike Döcke, die auch heute noch tatkräftige Unterstützung leistet. Das war kurz nach der Wende. Doch erst mit der Wahl des neuen Oberbürgermeisters Frank Ruch nahm die Idee wieder Fahrt auf, nicht zuletzt dank des Engagements ihrer Mitstreiter wie Jeannette Schmidt.

Als Mitarbeiterin der Lebenshilfe stieß sie jeden Tag auf unüberwindliche Barrieren, wenn sie mit Rollstuhlfahrern in der Stadt unterwegs war. Darum sei sie zum Oberbürgermeister gegangen und habe gefragt: „Was können Sie für uns tun?“ Es folgten Gespräche mit Ulrike Döcke und die Gründung der Arbeitsgruppe mit Stegmann und Staudenraus. Heute sagt Schmidt: „Es ist eine der dankbarsten Aufgaben, die ich je hatte.“

Klaus Stegmann ist aufgrund eines Virus querschnittsgelähmt. Als Bürgerreporter hatte er regelmäßig auf Missstände hingewiesen, heute agiert er bei den Rundgängen als Testfahrer und Experte in eigener Sache. „Ich bin der bekannteste Rollstuhlfahrer von Quedlinburg“, sagt er schmunzelnd.

Die Neue in der Runde ist Samantha Mantel in ihrer Funktion als Beauftragte für Seniorenangelegenheiten. Nach Ansicht von Ulrike Döcke passt ihre Nachfolgerin „sehr gut rein. Sie ist das Bindeglied zwischen der Arbeitsgruppe und der Verwaltung.“

„Unser Fokus liegt nicht nur auf Alten oder Rollstuhlfahrern, sondern auch auf Eltern mit Kinderwagen oder Menschen nach einer OP.“

Astrid Staudenraus, Leiterin des Azurit Seniorenzentrums Quedlinburg

Astrid Staudenraus vertritt als Leiterin des Seniorenzentrums Azurit zwar die älteren Mitbürger, betont aber: „Unser Fokus liegt nicht nur auf den Alten oder auf Rollstuhlfahrern, sondern auch auf temporär Eingeschränkten, so wie Muttis oder Menschen nach einer Operation.“ Ulrike Döcke pflichtet ihr bei: „Nutznießer sind alle. Denn man kann auch als junger Mensch einen Unfall haben.“ Daher rührt auch der Name der Arbeitsgruppe: Design für alle.

Staudenraus, Stegmann und Schmidt können auf eine lange Reihe an Aktionen zurückblicken. Sechs Rundgänge führten sie unter anderem in die Süderstadt, den Rosengarten und das Stadtzentrum. Sie brachten Aufkleber an Geschäften an, die barrierefrei sind, und halfen, viele kleine Barrieren zu beseitigen - nicht zuletzt durch die Mitarbeit von Unternehmen und der Stadtverwaltung.

Die ersten Jahre seien dabei zäh gewesen, sagt Staudenraus. „Erst seit zwei Jahren ist es besser geworden.“Für ihr ehrenamtliches Engagement sind Staudenraus, Stegmann und Schmidt im April mit dem Ehrenamtstaler der Stadt Quedlinburg ausgezeichnet worden. „Es ist eine große Wertschätzung und motiviert absolut weiterzumachen“, freut sich Jeannette Schmidt. „Wir haben noch viel vor.“ So wie den nächsten Rundgang, der bereits für Oktober in der Planung ist und voraussichtlich um den Augustinern verlaufen wird. (mz)