1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Unfall: Unfall: Drama am Strafraum

EIL

Unfall Unfall: Drama am Strafraum

Von Ronny Banas 25.05.2013, 18:54
Patrick Basus
Patrick Basus Peter Wölk Lizenz

Schafstädt/MZ - Kurz vor 16 Uhr, eine Minute vor dem Pausenpfiff auf dem Schafstädter Sportplatz. Allen stockt der Atem. Jemand rennt auf Patrick Basus, Torwart von Germania Schafstädt, zu. Der stürmt ihm entgegen, plötzlich ist noch ein Dritter dabei und irgendwo auf der Strafraumgrenze kracht es gewaltig. Ein heftiger Zusammenprall. Basus wird schwarz vor Augen. Er bricht zusammen.

Das Fußballspiel zwischen Schafstädt und dem Wettiner SV war bis dahin nicht sonderlich spektakulär (Schafstädt führt mit 1:0). Das ändert sich schlagartig. Was nach dem Zusammenprall geschieht, lässt sich kaum noch im Detail rekonstruieren. Alles geht viel zu schnell. Fest steht nur: Es wird hektisch.

"Die Zeit lief gegen uns"

„Wir haben alle gleich gesehen, dass bei Patrick etwas nicht stimmt“, erinnert sich Mannschaftskollege Martin Keck. Während die beiden anderen aufstehen und weiterlaufen, bleibt Basus regungslos am Boden liegen. Er röchelt. So laut, dass die, die um ihn herumstehen, Angst bekommen. Schnell bildet sich eine Menschentraube. Mitspieler, Gegner, Zuschauer. „Wir haben gehört, dass er keine Luft mehr bekommt“, sagt Keck. Und dann haben sie ihrem Torhüter vermutlich das Leben gerettet. Irgendwie versuchen Keck und die anderen, die Zunge aus Basus’ Hals zu bekommen. Erfahrungen damit hatte noch niemand. Nur eins war ihnen klar: Es ist ernst. Der Hals sei irgendwie zu gewesen, sagt Keck. „Und die Zeit lief gegen uns.“ Keck redet von fünf Minuten, in denen sie alles versuchen. Andere sprechen von drei. Alles läuft wie im Film ab. „So richtig wusste keiner, was wir da machen. Es war alles eher instinktiv. Man denkt bei so etwas nicht nach“, sagt Martin Keck. Lediglich den Kopf überstrecken und dann versuchen, die Zunge von der Luftröhre weg zu bekommen. Mehr hätten sie vor Ort sowieso nicht tun können.

Das Spiel wurde umgehend abgebrochen. „Es ging nicht. Wir konnten und wollten alle nicht mehr. Du kannst da nicht einfach einen einwechseln und weiter geht’s“, sagt Danny Wiedmer, Abteilungsleiter Fußball in Schafstädt. Er war dabei, keine 20 Meter entfernt, als es krachte. „Es ist auch gut, dass wir dieses Wochenende spielfrei haben. Da kriegen wir unsere Köpfe wieder frei“, sagt er.

Patrick Basus hört das alles zum ersten Mal - wie er minutenlang auf dem Platz lag. Wie sie alles versuchten, damit er wieder Luft bekommt. Wie der Krankenwagen endlich kam. Wie er auf der Trage weggebracht wurde. Als der 27-Jährige aufwacht, ist es früher Abend. Der Schädel brummt gewaltig. Alles ist noch schwummrig. Zunächst weiß er überhaupt nicht, wo er gerade ist und, was passiert ist. Selbst die Szene vor dem Zusammenprall ist weg. „Ich konnte mich nur noch an das Tor erinnern. Und das fiel wohl nach einer halben Stunde“, sagt er. Der Rest - eine Gedächtnislücke. Als erstes sieht er seine Freundin und seine Mutter, die an seinem Bett sitzen. Langsam dann die Gewissheit: Er liegt im Krankenhaus.

"Ich mache weiter"

Etwa zur gleichen Zeit sitzt Martin Keck zu Hause auf dem Sofa und kommt nicht zur Ruhe. Tausend Gedanken gehen ihm durch den Kopf. Alles ist noch frisch. Zur Beruhigung trinkt Keck erst einmal einen Schnaps, wie er sich ein paar Tage später erinnert. Alles sacken lassen. Martin Keck, Patrick Basus und den anderen Rettern wird dieser Pfingstsonnabend noch lange im Gedächtnis bleiben. „So etwas prägt einen“, sagt Keck.

Fünf Tage nach den dramatischen Ereignissen ist Patrick Basus wieder auf dem Sportplatz. Sicher - jetzt wo man weiß, was alles passiert ist, habe er schon ein mulmiges Gefühl. Trotzdem: Mit dem Fußball aufhören? Nein, das komme nicht in Frage, sagt er mit einem Lächeln. „Das ist doch meine Welt. Ich mache weiter.“ Nur nicht gleich. Erst, wenn das Brummen im Schädel aufhört.

Patrick Baus dankt seinen Rettern Danny Wiedmer, Maik Pollandt, Martin Keck und Sven Blumentritt (von links) die sofort eingriffen und Schlimmeres verhindern konnten.
Patrick Baus dankt seinen Rettern Danny Wiedmer, Maik Pollandt, Martin Keck und Sven Blumentritt (von links) die sofort eingriffen und Schlimmeres verhindern konnten.
Peter Wölk Lizenz