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Saalekreis Saalekreis: Kraftwerksblock in Schkopau steht mehrere Wochen still

Von Michael Bertram 03.10.2012, 08:57

Schkopau/MZ. - Marco Bähring braucht nur wenige Sekunden, dann hat er alles im Blick. Geschwinde zieht der Kraftwerksmeister mit der rechten Hand die Computermaus über das Pult und klickt sich über die bis zu 600 bunten Bilder an der Wand vor ihm. Für Laien ist das mosaikartige Gebilde aus roten Punkten und grünen Linien ein Rätsel, für Bähring der Beleg, dass im Kraftwerk Schkopau alles so funktioniert wie gewünscht.

Von der Warte aus kontrolliert Bähring das Geschehen in den Kesseln und Turbinen des Braunkohlekraftwerks. "Wir fahren eine bestimmte Leistung, die sich täglich oder auch stündlich ändern kann", erzählt Bähring. Er greift in einen Papierstapel und zieht eine Seite hervor. "Lastfaxe geben uns die Werte vor und wir passen einfach die Kesselleistung an", sagt er und greift wieder zur Maus.

Statt der sonst mehr als 50 000 Signale prasselt auf den Kraftwerksmeister derzeit allerdings nur die Hälfte ein. Wo eigentlich rote Punkte leuchten sollten, bleibt alles grau. Denn wegen einer rund acht Wochen dauernden Instandsetzung der Turbine, dem Herzstück des Kraftwerkblocks A, steht dieser Teil der Anlage vorübergehend still.

Im Turnus von drei Jahren wird eines der drei Hauptbestandteile der Turbine gewartet. "Wir wechseln gerade eine Reihe an Schaufeln aus, andere werden gereinigt und geglättet", erklärt Sylvio Sauer, der Leiter des Servicebereichs. Wie bei einem Pkw-Motor müsse auch die Turbine gepflegt werden, um den Wirkungsgrad zu verbessern. Immerhin läuft eine solche Anlage in bis zu 12 Jahren rund 100 000 Stunden mit möglichen 3 000 Umdrehungen.

Trotz der enormen Dimensionen der Bauteile gleichen die Arbeiten einer Operation am offenen Herzen: die grüne Abdeckung der in Schlaf versetzten Turbine ist entfernt, die Maschine geöffnet. Mittendrin klafft ein tiefes Loch. Der rund 200 Tonnen schwere Rotor wird gerade in einer spezialisierten Werkstatt nahe Berlin überholt.

Die laufende Wartung ist die Fortsetzung einer Revision vom vergangenen Jahr, bei der die so genannte Schluckfähigkeit, also der Massendurchfluss, der Turbine verbessert werden sollte. Die Steuerung der Turbinen ist kompliziert, weil je nach Bedarf der Abnehmer viel oder wenig Strom und gleichzeitig unterschiedlich große Mengen Prozessdampf erzeugt werden müssen. Um das Zusammenspiel zu ermöglichen, musste der Dampf manchmal über eine Bypass-Leitung an einzelnen Druckbereichen vorbeigeführt werden. Dadurch fehlte jedoch wieder Strom.

Die Aufträge für die Optimierungen und Reparaturen werden von Eon bundesweit ausgeschrieben, bleiben jedoch zu 80 Prozent in der Region, wie Kraftwerksleiter Arne Köhler erzählt. "Dahinter steht ein sozialer und wirtschaftlicher Gedanke, aber es ist natürlich auch besser, wenn ein Schlosser nebenan wohnt - der wird hier alles gewissenhaft erledigen", meint er.

Die bis November dauernde Instandsetzung kostet den Betreiber mehrere Millionen Euro. Wenn alles steht, könnten auch andere Teile wie das Kesselhaus überprüft und Restwandstärken der Rohre gemessen werden.

Die Kunden des Kraftwerks müssen während der Instandsetzung keine Engpässe befürchten. "Der zweite Block produziert ja weiter. Wir versorgen also trotzdem alle Kunden mit Strom und die Chemieunternehmen am Standort auch mit Dampf und Wasser", sagt Kraftwerkssprecher Michael Rost. Allerdings werde derzeit weniger Strom ins öffentliche Netz eingespeist.