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Acht Freunde verlieren ihren Jugendklub

Von UNDINE FREYBERG 07.11.2008, 17:49

MERSEBURG/MZ. - Die Agrargenossenschaft hatte diesen Fakt offenbar außer Acht gelassen und den Jungs in bester Absicht die Nutzung gestattet.

"Als wir jetzt erfahren haben, dass sich die Jugendlichen in der alten Pumpstation einen Klub eingerichtet hatten, mussten wir ihn zumachen, so leid es uns tut", sagte Armin Oehl, der Leiter der Außenstelle Halle der Landgesellschaft, die rund 30 000 Hektar Fläche im ganzen Land besitzt und den Boden an das Agrarunternehmen verpachtet hat. "Doch zuerst hatte ich eine Kollegin aus Bad Dürrenberg rausgeschickt, damit sie sich die ganze Sache mal vor Ort anschaut, und sie sagte mir dann, dass sie es noch nie erlebt habe, dass ein von Jugendlichen selbst verwaltetes Gelände so ordentlich behandelt worden war." Selbst eine Terrasse hatten die Jungs angelegt.

In einem gemeinsamen Gespräch mit den Jugendlichen, einigen Eltern, dem Kötzschauer Bürgermeister Roger Gruhle, einem Vertreter vom Ordnungsamt der Verwaltungsgemeinschaft und zwei Polizeibeamtinnen vor knapp zwei Wochen ging es daher auch weniger um Schuldzuweisungen, als um Lösungen.

Armin Oehl hatte sogar zwei Vorschläge parat. "Ich habe in unserem Grundstücksbestand nachgeschaut und bin auf zwei unbebaute Grundstücke gestoßen, auf denen man etwas errichten könnte. Wenn ein gutes Konzept vorliegt würden unsere Architekten und Landschaftsplaner sogar kostenfrei arbeiten." Mittlerweile habe er auch mit der Agrargenossenschaft gesprochen. "Und die wollen sich auch nochmal nach einem geeigneten Grundstück für die Jugendlichen umsehen."

Doch für die acht Jugendlichen, die sich in der Pumpstation einen Aufenthaltsraum eingerichtet haben, ist eine solche Lösung in zu weiter Ferne. "Wo sollen wir denn jetzt im Winter hin, wenn wir dort nicht mehr reindürfen", fragten sie. Bürgermeister Gruhle versprach, das Ordnungsamt prüfen zu lassen, ob eine befristete Nutzung den Winter über noch möglich sei.

Beim Gespräch im Dorfgemeinschaftshaus sagte Bürgermeister Gruhle, es gehe doch um die grundsätzliche Frage, ob man einen Jugendklub gründen wolle. Das sehen jedoch nicht nur die Jugendlichen, sondern auch einige der Eltern ganz anders.

"Vor Jahren haben die Jungs Flaschen gesammelt, um Geld zusammenzukriegen. Dann sind sie mit den Fahrrädern nach Meuschau zum Baumarkt gefahren, um Material zu holen. Die haben sich hier was aufgebaut, und niemand hat sie dabei unterstützt. Die Jungs haben keine Fördermittel bekommen, haben alles selbst bezahlt", erklärte eine Mutter, warum die Aufgabe ihres Klubs für die Jugendlichen so tragisch ist. "Wir haben ungefähr 1 800 Euro investiert", sagte Patrik Pöhlandt. "Für manche Leute klingt das vielleicht nicht viel, aber für uns ist das sehr viel Geld." Und ein von der Gemeinde beaufsichtigter Jugendklub ist auch nicht das, was die acht Freunde wollen. "Das ist Kindergarten für Große." Und das brauchen die 18-Jährigen nicht. Sie hatten ihre eigenen Regeln aufgestellt und wer sich nicht daran hielt, durfte in ihren Klub nicht rein.

Mittlerweile habe es noch einmal einen Vororttermin am Wölkauer Weg geben, sagte der stellvertretende Bürgermeister Dieter Schärschmidt der MZ. "Am Dienstag wird es dann nochmal ein Gespräch mit den Jugendlichen geben." Und wie es aussieht, können die Jungs die alte Pumpstation auf eigene Verantwortung noch bis zum Frühjahr nutzen. Dann ist endgültig Schluss. "Wir haben in unserer Gemeinde zwar schon dreimal einen Jugendklub aufgebaut, der dann immer wieder heruntergewirtschaftet wurde, aber wir wollen es trotzdem nochmal versuchen, ein Grundstück und ein Gebäude für die jungen Leute in unserem Ort zu finden", sagte Schärschmidt. "Allerdings muss sich dann auch jemand dafür verantwortlich fühlen."