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Likör als Hommage an große Liebe

Von Ute Hartling-Lieblang 27.08.2006, 17:04

Köthen/MZ. - Cornelia Kubitz von der Köthener Firma Wilhelm Behr, die in diesem Jahr ihr 175. Firmenjubiläum begeht, und Annegret Klotz von der Buchhandlung am Markt gaben sie beim Homöopathiesommer gemeinsam. Man schrieb das Jahr 1835, als Samuel Hahnemann Besuch von der französischen Malerin Melanie d´Hervilly bekam, in die er sich im hohen Alter von achtzig Jahren verliebte und die er kurz darauf heiratete. Pech für Köthen, denn Hahnemann folgte seiner jungen Frau bald darauf nach Paris, um dort zu praktizieren. Wer mehr über ihre Liebe und Leidenschaft erfahren wollte, konnte das am Sonntag beim Vortrag von Prof. Robert Jütte aus Stuttgart tun. Dass man Melanie das Abwerben Hahnemanns aus Köthen nicht nachträgt, dafür steht das jüngst geborene Kind im Hause Behr, der Likör "Melanie", den man beim Homöopathiesommer in der Lutze-Klinik übrigens verkosten konnte. Sozusagen eine Hommage an eine große Liebe, erklärt die Firmenchefin.

Am Stand von Libehna-Fruchtsaft Raguhn schenkte Vertriebsleiter Lorenz Barthel gern ein Gläschen vom Hahnemann-Likör ein und verriet Neugierigen, dass z. B. Fenchel, Enzian, Veilchenwurzel und Rosmarin den Geschmack bestimmen. Lorenz war nicht der einzige Bitterfelder, der am Samstag den Köthener Homöopathiesommer zum Anlass nahm, die bisher nur auf dem Papier besiegelte Fusion der beiden Kreise mit persönlichem Einsatz zu untermauern. Auch der stellvertretende Bitterfelder Landrat Gerd Raschpichler war der Einladung von Rainer Elze, Vorsitzender des Hahnemann-Lutze-Vereins, gefolgt. "Als Dezernent für Gesundheit habe ich natürlich Interesse an der Homöopathie", so Raschpichler. Angesichts der Kostenexplosion im Gesundheitswesen sehe er in der Homöopathie eine Chance für die Gesunderhaltung, die noch viel mehr wahrgenommen werden sollte. Wie man sich mit Hilfe der Homöopathie und durch richtige Ernährung leistungsfähig halten kann, darüber konnte man am Wochenende in der Lutzeklinik viel erfahren. Unter anderem in dem mit großem Interesse aufgenommenen Vortrag von Dr. Andres Bircher (Schweiz), dem Enkel von Max Bircher-Benner. Bircher warb in seinem Vortrag nicht nur für eine überwiegend vegetable Ernährung (mindestens 70 Prozent Rohkost), sondern erklärte auch die wissenschaftliche Grundlage für die von ihm vertretene Lehre. Dass der Schweizer trotz bevorstehender Eröffnung seiner neuen Klinik für wissenschaftliche Naturheilkunde in Le Pont als Referent nach Köthen gekommen war, hob Rainer Elze in seinen Dankesworten hervor, und das Publikum honorierte es mit Applaus.

Vor allem wegen der interessanten Vorträge - zuvor hatte Christel Schreck über Großmutters Hausmittel und Martha Schütte über homöopathische Behandlung von Schulkindern referiert - waren viele Gäste nach Köthen gekommen. So auch Familie Linde aus Körnitz oder Birgit Klimpel aus Quellendorf. "Vieles hat man schon gewusst, aber durch die Vorträge sind wir darin noch einmal bestätigt worden", so die Zuhörer, die noch lange miteinander fachsimpelten.

Fritz Linde, der begeisterte Imker ist, und seine Frau Gisela holten sich in der Lutzelklinik u. a. Anregungen für neue Honig-Rezepte. Auch Kräutertees stellt die Familie selbst her. "Wir sammel nicht nur Kamille und Scharfgarbe, sondern auch Spitzwegerich, Brombeerblätter und vieles mehr", verrieten die Körnitzer.

Wem das zu aufwändig ist, der hatte beim Homöopathiesommer Gelegenheit, einige dieser gesunden Produkte zu erwerben und zu verkosten, zum Beispiel Bio-Gemüsesäfte im kleinen Hofladen von Bauer Feuerborn, rein pflanzliches Schmalz am Stand des Reformhauses Köhler, historische Apfelsorten beim Pomologen Manfred Ruppert, der auch frisch gepressten Gravensteiner-Apfelsaft anbot, oder bei Lebenshilfe-Küchenleiter Michael Körting, der, unterstützt von Peggy Dörr und Uta Kriowski, vegetarische Schnittchen anbot.

Nicht jedermanns Sache war allerdings der Original Würchwitzer Milbenkäse (Südlicher Burgenlandkreis), ein Trüffel unter den Käsesorten, von dem einzelne Exemplare bis zu 30 Jahren haltbar sind. Seine homöopathische Wirksamkeit besteht laut Aussage von Produzent Helmut Pöschel darin, dass er gegen Hausmilben-Allergien hilft. Der Rohkäse wird dazu vier Wochen lang in Kisten mit speziell gezüchteten Edel-Milben gelagert, die man sich unter dem Mikroskop ansehen konnte. Die Würchwitzer Käsehersteller sind Mitglied im internationalen Projekt Slow Food, dessen Ziel es ist, lokale und regionale Lebensmittel, Pflanzen- und Tierarten sowie Gerichte vor dem Vergessen zu retten.