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Köthen Köthen: Extrawünsche kein Problem

Von helmut dawal 22.06.2012, 17:41

köthen/MZ. - Es ist eine Würdigung für Menschen, die sich entschlossen haben, einen Betrieb zu gründen und zu führen.

Im Fall von Jens Schneider trifft es das zwar nicht ganz exakt, denn den Betrieb, den er führt, gibt es schon lange. Dass er sich aber entschieden hat, den Familienbetrieb zu übernehmen, ist allemal eine Anerkennung wert, weil es in der heutigen Zeit so selbstverständlich nicht mehr ist.

"Es ist nicht immer so, dass ein Geschäft automatisch weiter geführt wird", sagte Landrat Uwe Schulze. "Dass viele Bäckereien in der Region untergehen, hat ja auch damit zu tun, dass die Nachfolge nicht geregelt ist", ergänzte Armin Schenk, Geschäftsführer der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld. Wie Schulze und Schenk gratulierten auch Ego-Pilotin Dagmar Picht und Werner Dallmann, Wirtschaftsförderer der Stadt Köthen, dem Bäckermeister.

Am 1. Januar dieses Jahres startete Jens Schneider in die Selbstständigkeit. Er ist Bäcker mit Leib und Seele, das machte er bei der Übergabe der Urkunde deutlich. "Auch wenn mein Arbeitstag schon um 1.30 Uhr in der Nacht beginnt, ich kann mir etwas anderes als Bäcker nicht vorstellen", sagte er. Das Vertrauen auf das eigene handwerkliche Können ist es vor allem, was ihm die Kraft gibt, sich als kleiner Familienbetrieb auf dem Markt zu behaupten. Und der Markt ist auch in Köthen hart umkämpft. Es gibt zahlreiche Filialen großer Bäckereiketten und Back-Discounter. Selbst die Supermärkte haben zwischen den Regalreihen schon Backautomaten aufgestellt, wo halbfertige Erzeugnisse gebacken werden.

Davon lässt sich Jens Schneider, der am Freitag seinen 40. Geburtstag feierte, aber nicht abschrecken. Mit ihm in der Backstube arbeiten seine Ehefrau Birgit, ein Auszubildender und eine Konditorin. Außerdem gehören vier Verkäuferinnen zu der kleinen Firma. Bäckerei und Geschäft befinden sich in der Neustädter Straße. Zudem betreibt Schneider zwei weitere Verkaufsstellen: eine in der Schalaunischen Straße und die andere in Elsnigk. In die Schalaunische Straße zog es ihn vor zwei Jahren, als die Neustädter Straße ausgebaut wurde und die Bäckerei für die Kundschaft sehr schwer erreichbar war. "Es sollte nur zeitweilig sein, hat sich aber gut entwickelt, so dass es erstmal so bleibt", sagte der Bäckermeister.

Wie kann er sich gegen große Bäckereiketten behaupten? "Wir können nur mit Qualität, Frische und Individualität bestehen und gehen immer auf die Wünsche unserer Kunden ein", antwortete Schneider. Ein Stammkunde, erzählte er, wünsche sich das Brot immer sehr knusprig. "Das wissen wir, und da lassen wir sein Brot eben einige Minuten länger im Backofen", nannte Jens Schneider ein Beispiel.

Nicht mithalten kann und will er, wenn es darum geht, das komplette Sortiment bis zum Feierabend vorzuhalten. Er wisse, dass bei den Discountern bis kurz vor Ladenschluss die Regale vollgepackt seien. "Letztlich aber wird das, was übrig bleibt, weggeschmissen. Das kann es aber nicht sein, das sind doch Lebensmittel", gibt er zu Bedenken. Hin und wieder müsse er den Kunden schon erklären und sie um Verständnis bitten, dass kurz vor Ladenschluss in seinem Geschäft nicht mehr alles erhältlich sei. Trotzdem bleibe in der Bäckerei oft noch etwas übrig. "Das geben wir an die Tafel ab."

Ob die sechsjährige Victoria-Luise eines Tages in die Stapfen ihrer Eltern tritt und in das Bäckerhandwerk einsteigt, wird sich noch zeigen. "Im Moment will unsere Tochter unbedingt Pilotin werden", verrät Birgit Schneider.