1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Köthen: Köthen: Einige Freundschaften überdauerten die Schulzeit

EIL

Köthen Köthen: Einige Freundschaften überdauerten die Schulzeit

Von STEFANIE GREINER 25.10.2010, 17:07

KÖTHEN/MZ. - An ihr zehntes Klassentreffen werden sich die ehemaligen Schüler der Kastanienschule sicherlich noch lange erinnern. Erst ging ein Teil der Gruppe im Rathaus verloren. Dann sahen sich die Rentner einem Blitzlichtgewitter ausgesetzt.

50 Jahre nach ihrem Schulabschluss trafen sich Rainer Pelzl und seine Mitschüler am Samstag wieder. Nach einem abenteuerlichen Stadtrundgang kehrten die Frauen und Männer im Sportlerheim "Am Jürgenweg" ein. Presse-Fotografen postierten die Rentner für ein Klassenfoto. 15 von ursprünglich 32 Schülern waren gekommen. Der Rest konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei sein oder war anderweitig verhindert. Sechs Klassenkameraden sind bereits verstorben.

Der Aufwand war groß

Die verbliebenen Schüler treffen sich aller fünf Jahre - mindestens. Anfangs war das nicht so. Das erste Klassentreffen fand erst 23 Jahre nach Abschluss der gemeinsamen Schulzeit statt. "Keiner hatte sich zuständig gefühlt", erklärte Rainer Pelzl am Samstag. Letzten Endes ist es dem Engagement des Briefmarkenhändlers zu verdanken, dass sich ein vierköpfiges Organisationsteam gefunden hat und das Klassentreffen zu einer Tradition geworden ist.

Der Aufwand für das erste Wiedersehen war groß. "Wir haben fast ein Jahr gebraucht, um alle Adressen rauszukriegen", erinnert sich Rainer Pelzl. Verwandte, Bekannte und ein ehemaliger Mitschüler, der als Sozialdezernent für die Köthener Stadtverwaltung arbeitete, konnten weiterhelfen.

An das erste Klassentreffen kann sich Heidi Zergiebel noch gut erinnern. "Die meisten habe ich wiedererkannt", erzählt die Köthenerin. Vom Werdegang einiger Mitschüler sei sie sehr überrascht gewesen. Dass aus einem gelernten Feinmechaniker einmal ein Frauenarzt werden würde, hätte Heidi Zergiebel zu Schulzeiten nie für möglich gehalten.

Einen unerwarteten Weg schlug auch Udo Lingk ein. "Ich bin nicht gern zur Schule gegangen", macht der Mecklenburger deutlich. Erst nach dem Abschluss sei der Knoten bei ihm geplatzt. "Ich wollte das Versäumte aufholen", erzählt er. Udo Lingk entschied sich für ein geisteswissenschaftliches Studium. Später war er im Verlagswesen tätig. Heute engagiert sich der Rentner als Reiseleiter.

Heidi Zergiebel ist ihrem Beruf bis zum Ruhestand treu geblieben. Als Lehrerin arbeitete die Köthenerin erst in Wulfen und dann an der Kastanienschule. Dass sich mehrere Mitschüler für den Lehrer-Beruf entschieden, führen die Rentner auf Günther Hennig zurück. "Er war ein super Lehrer", lobt Rainer Pelzl. Erstaunlich sei vor allem das gute Gedächtnis des Pädagogen gewesen.

Die Rentner bedauerten, dass ihr ehemaliger Klassenlehrer krankheitsbedingt nicht am diesjährigen Treffen teilnehmen konnte. Wehmütig erinnerte sich Rosemarie Weckebrod an die erste Unterrichtsstunde mit Günther Hennig. "Schmitt mit zwei harten t", hatte sich die Schülerin damals vorgestellt. Die Antwort des Deutschlehrers folgte prompt: "Es gibt nur hart und weich gekochte Eier."

"Das werde ich mein Leben nicht vergessen", schmunzelte die Köthenerin am Samstag. Einige Episoden aus der Schulzeit sind auch Jürgen Naumann in Erinnerung geblieben.

"Ich konnte mit 14 Jahren noch nicht schwimmen", erzählte der Dessauer. Um seinen Notendurchschnitt nicht zu gefährden, brachte sich Jürgen Naumann das Schwimmen mit Hilfe einer Anleitung im Comic-Heft selbst bei.

Sportliche Ertüchtigung wurde groß geschrieben. "Wir haben fast jeden Tag trainiert", blickt Rosemarie Weckebrod zurück. Die Köthenerin gehörte zur Sportwerbegruppe. Was aus heutiger Sicht einer Schikane gleicht, nahm Rosemarie Weckebrod als Schülerin ganz anders wahr. "Damals waren wir stolz, dass wir mitmachen konnten", erzählte die Köthenerin. Immerhin fuhr die Sportwerbegruppe von Ort zu Ort, um anspruchsvolle Küren zu präsentieren.

Begegnung im Kuhstall

Ein heiß diskutiertes Gesprächsthema war auch der Praxisunterricht in der Landwirtschaft. "Die Jungs mussten den Schafstall ausmisten" erzählte Jürgen Naumann. Der Gestank sei erbärmlich gewesen. Beim Gedanken an eine tierische Begegnung der anderen Art schaudert Rosemarie Weckebrod noch heute. "Ich habe mich wirklich gefürchtet", erinnert sich die Köthenerin an ihren Versuch, eine Kuh zu melken.

Mit Kollegialität trotzten die Schüler jeglicher Schikane. "Wir haben immer zusammen gehalten", machte Rainer Pelzl am Samstag deutlich. Einige Schulfreundschaften haben die Jahre überdauert und bestehen bis heute.