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Hochwasser in Aken Hochwasser in Aken: Gefährliche Strudel

Von wladimir kleschtschow 08.06.2013, 19:08
Eine der größeren Sickerstellen am Deich wird gesichert.
Eine der größeren Sickerstellen am Deich wird gesichert. Ute Nicklisch Lizenz

aken/MZ - Auf einer 11,23 Kilometer langen Strecke liegen Sandsäcke, 15 pro laufenden Meter. Wie viele Säcke sind das insgesamt?

Das, was wie eine Mathe-Aufgabe für die Grundschule klingt, ist das Ergebnis der Arbeit von Feuerwehrleuten, Bundeswehrsoldaten und Helfern aus der Bevölkerung zur Sicherung des Elbdeiches zwischen den Schöpfwerken Obselau/Aken und Breitenhagen. Um den Deich aufzustocken, wurden hier durchgängig Sandsäcke drauf gepackt. Teilweise mussten sie über mehrere Hundert Meter herangekarrt werden, da das sumpfige Gelände für Fahrzeuge unpassierbar ist. Freitagnachmittag wurden die letzten Säcke aufgestapelt, wobei die Akener Helfer auch ein ganzes Stück Deich auf dem Territorium des benachbarten Salzlandkreises sicherten.

Reicht das nun aus, um ein Überschwappen der Fluten zu verhindern? Das kann niemand sagen. Bleibt es bei der angekündigten Pegelhöhe, reicht es, meint Olaf Kölzsch vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW). Die Prognosen geben ihm Recht, erweisen sich aber nicht immer als richtig.

Höher gelegene Deichabschnitte haben jedenfalls noch genügend Reserven, während das Wasser in den Senken gefährlich nah an die Kante heranreicht.

Auch die Strömung am Deich, am Donnerstag noch kaum wahrnehmbar, nahm am Freitag erheblich zu. Also heißt für den Hochwasserstab in Aken, bei den Kontrollen nicht nachzulassen.

Das gilt nicht zuletzt für die dem Fluss abgewandte Seite des Deiches. Seit mehreren Tagen drückt das Elbwasser auf den Erdwall und sucht darin Schwachstellen. Findet es sie und sickert hier zuerst nur ein kleines Bächlein durch, kann das Wasser nach und nach den Deich unterspülen und zum Durchbruch führen. Deshalb ist die Suche nach Wasseraustrittsstellen an der Deich-Rückseite mehrfach abgesichert. Zum einem sind hier speziell für diese Aufgabe zuständige Kontrolleure, sogenannte Deichläufer, Tag und Nacht unterwegs. Zum anderen achten die Feuerwehrleute, die die Sandsäcke auslegen, nebenbei auch auf verdächtige Wasserbewegungen am Fuße des Deiches.

"Wir haben heute drei große Sickerstellen entdeckt"

Darüber hinaus macht sich ein sachkundiges Trio mindestens dreimal am Tag auf den Weg am Deich entlang. Das sind der bereits erwähnte LHW-Mitarbeiter Olaf Kölzsch sowie Lothar Huth von der technischen Einsatzleitung in Aken.

Der dritte im Bunde ist Daniel Wolkenstein von der Neuruppiner Firma Prowa. Eigentlich ist er mit der Planung der Deichrückverlegung beschäftigt, hat seine Kenntnisse in diesen Tagen jedoch dem Kampf gegen das Hochwasser zur Verfügung gestellt.

Es ist nicht leicht, manche undichte Stelle zu entdecken. Einige befinden sich mehrere Meter entfernt vom Fuß des Deiches, im überfluteten und zugewachsenen Sumpfgelände. Nur ein Strudel, der wie eine Wasserquelle aussieht, verrät: Hier hat das Elbwasser einen Weg durch den Deich gefunden. Einige sind auf dem Gras mit Farbe aus einer Spraydose markiert. Man kennt sie also bereits.

Einen Tag zuvor gab es nur kleine Sickerstellen am Obselauer Abschnitt. Kölzsch, Wolkenstein und Huth prüfen nach, ob sie noch ungefährlich sind. Im Vergleich zum Donnerstag müssen sie eine unerfreuliche Entdeckung machen. „Wir haben heute drei große Sickerstellen entdeckt“, sagt Huth.

Eine davon wurde von Bernd Felgenträger und Steffi Geilke von der Akener Feuerwehr mit Sandsäcken „verbaut“, also gesichert. Um das herausprudelnde Wasser herum liegen Sandsäcke. Zustopfen darf man die Austrittsstelle nicht: Dann würde der Wasserdruck im Deich steigen und diesen womöglich „sprengen“. „Alles richtig gemacht“, lobt Wolkenstein.

Etwa 30 Meter hinter dem alten Dammhäuschen in Richtung Breitenhagen ist ein weiterer Strudel zu sehen. Der ist frisch entdeckt und ziemlich kräftig, also auch gefährlich. Kameraden der Feuerwehr und Soldaten schaffen schnell Säcke herbei, auch diese Stelle wird stabilisiert. Doch wie viele neue entstehen am Sonnabend, wenn der Druck des Hochwassers steigt?

„Wie steht es mit dem Pegel?“, fragt einer der Feuerwehrleute bei der Zentrale in Aken nach. „7, 76 Meter?! “ Die Gesichter der Umstehenden werden starr vor Schreck. Dann die Entwarnung: Schlechte Verständigung, der Pegel liegt bei 7,56 Metern. Er steige aber weiter.