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Eine Hommage an einen Sammler von Geschichte

Von MATTHIAS BARTL 19.11.2009, 17:21

KÖTHEN/MZ. - Auf die Bemühungen, die richtige Falttechnik herauszufinden, die dafür sorgte, dass das Schreiben nicht zu viel Spannung auf das Siegel ausübte und auch noch ordentlich über die Lanzenspitze gesteckt werden konnte, an welchselbiger es dann vor mehreren hundert Jahren zum Empfänger geschafft werden konnte - ein spießbewehrter Postbote, ein Bild für das man schon einige Vorstellungskraft benötigt.

Die kann sich der interessierte Besucher in der neuen Sonderausstellung holen, die jetzt im Historischen Museum eröffnet wurde und die sich mit der Köthener Postgeschichte befasst. Und es ist mehr als eine Episode, dass ebendiese Historie in Köthen nicht etwa mit dem Namen eines hier tätigen Postbeamten verbunden ist, sondern dass es ein Friseur war, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, diesen Part der Köthener Vergangenheit durch eifrige Sammlertätigkeit zu bewahren.

Ohne Johannes Elze wäre diese Ausstellung nicht möglich gewesen, unabhängig von allen Leihgaben aus dem ehemaligen Postmuseum in Berlin, unabhängig davon, dass Elzes Philatelisten-Freunde die Sammlung - fachmännisch "Objekt" genannt - nach dem Tod des quirligen Mannes weiter vervollständigt haben. Elze hat mehr als nur den Grundstock gelegt und mehr als nur den Anstoß gegeben; das kann man in der Ausstellung an vielerlei Exponaten erkennen.

Auch Peter Steinke namens der Köthener Philatelisten würdigte bei der Eröffnung die rege Tätigkeit Elzes. Schon zu Lebzeiten Elzes habe man darüber gesprochen, das Sammlungs-Objekt in Köthen für Köthen zu erhalten. "Und wir sind heute froh, wenigstens einen Teil der Sammlung zeigen zu können." In der sich viele Seltenheiten befinden: Elze hat nicht nur Briefmarken, sondern Briefe gesammelt, Dokumente der Geschichte mithin. So finden sich Schreiben aus dem Fürstenhaus, Schreiben zur Homöopathie. Von Berlin beigesteuert wurde ein Stadtbriefkasten, der - blau gestrichen - mit der Legende aufräumt, die Leitfarbe der Post sei hierzulande immer das Gelb gewesen. Es gibt alte Stempel aus Cöthen zu sehen, verschnörkelte Briefe, einige Fotos.

Wichtig sei dabei, dass es nicht nur um das reine Sammeln gehe, erläutert Steinke. "Man muss sich belesen, damit der dazugehörige Text, die Information für die Ausstellung des Objektes schlüssig wird." Das sei eine Aufgabe, die viel Zeit und Akribie benötige, "und Johannes Elze hat sich diese Zeit genommen".

Zeit, die sich auch die Philatelisten gern nehmen, um Besuchern zu erläutern, was es in der Sammlung zu sehen gibt. Jeden ersten Sonntag im Monat werden sie von 11 bis 12 Uhr in der bis zum 18. April 2010 geöffneten Ausstellung präsent sein, um die Fragen Neugieriger fachkundig beantworten zu können - nicht alles ist schließlich durch Begleittexte zu erklären. Für die Briefmarkenfreunde ist dies gleichzeitig Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen - nicht zuletzt deswegen, weil sie das Elzesche Objekt weiterführen wollen; vor nicht allzu langer Zeit konnte es durch den Erwerb eines Briefes aus der Zeit des 30-jährigen Krieges vergrößert werden. Das war, um den Bogen zu schließen, auch die Zeit des Spießbriefes. Wer sich diesen in Köthen ansehen will, muss nicht nach der Spitze der Waffe schielen, die in der Ausstellung steht. Das Original befindet sich gut geschützt hinter Glas. Auf der Metallspitze sitzt eben das Ergebnis der Howardschen Faltarbeiten - und das reicht völlig aus, um zu demonstrieren, wie es aussah, wenn Spießgesellen Briefchen zustellten.