1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Anhalt-Bitterfeld: Anhalt-Bitterfeld: Kommen die Blutsauger?

EIL

Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Kommen die Blutsauger?

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 12.04.2011, 17:52

LIBEHNA/KÖTHEN/MZ. - Schwäne und Enten, Frösche in Frühlingsstimmung und fröhlich zwitschernde Vögel - am kleinen See am Südrand von Libehna herrscht Idylle pur. Darüber freuen sich jedoch vorbehaltlos nur auswärtige Wanderer oder Radler, die das Dorf auf ihrer Route passieren. Ihnen bereitet der See, ein Produkt des Hochwassers, Sorgen. Und das nicht allein wegen der überfluteten Grundstücke und Keller. Die Libehnaer befürchten, dass ihnen eine Invasion von unzähligen kleinen Blutsaugern aus dem seichten Wasser droht: den Stechmücken.

"Dann kann man sich draußen kaum aufhalten", meinen Uwe Zietz und sein Nachbar Enrico Uebe. Beide wohnen sehr nah an dem Gewässer und haben bereits, mit Watanzügen bekleidet, Erkundungswanderungen in dem See unternommen. "Alles ist voller Mückenlarven", sagt Uebe. Es sei nur eine Frage der Zeit und der Temperatur, dann schlüpfen aus den Larven die gefürchteten Plagegeister.

Ähnlich sieht es in vielen Orten des Landkreises aus. Überall sind auf Äckern und Wiesen größere und kleinere "Gewässer" zu sehen. Jede auch noch so kleine Pfützen kann zu einer Brutstätte für Stechmücken werden. Auch in den benachbarten Gegenden wird in diesem Jahr eine Mückenplage befürchtet. In Jessen will sogar eine Bürgerinitiative gegen diese Gefahr mobil machen. Sie sammelt Unterschriften für eine Anti-Mückenaktion, um Druck auf Behörden auszuüben.

Doch wer ist für dieses Problem zuständig? Die MZ fragte bei der Landkreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld nach. "Der Kreis jedenfalls nicht", so Pressesprecherin Marina Jank. Die Schädlingsbekämpfung liege zwar im Verantwortungsbereich des Gesundheitsamtes. "Doch Mücken sind im Sinne der entsprechenden Verordnung keine Schädlinge." Auch das Naturschutzamtes habe mit dem Problem eigentlich nichts zu tun.

Tim Karisch, Mitarbeiter des Naturkundemuseums in Dessau, kennt sich in der Insektenwelt, darunter auch bei Stechmücken, aus. Das Museum beobachtet den Einfluss des Hochwassers auf die Population der Stechmücken. Droht Anhalt nun angesichts der vielen großen und kleinen Pfützen eine Mückenplage? "Viel Wasser - viele Mücken, theoretisch stimmt dieser Zusammenhang", so der Experte. Es gebe aber auch andere Faktoren. ,"Vor 14 Tagen waren wir bei Dessau unterwegs und kontrollierten dort solche Pfützen", berichtete der Wissenschaftler weiter. "Dabei haben wir nicht viel Mückenlarven gefunden, dafür aber viele Wasserkäfer, Wasserwanzen und Wasserflöhen." Karisch zufolge ist der geringe Bestand an Mückenlarven darauf zurückzuführen. Denn die ersten beiden Arten ernähren sich von Mückenlarven und die Wasserflohe sind Nahrungskonkurrenten der Larven.

"Unsere Beobachtungen gelten aber nur für den Raum Dessau", betonte Tim Karisch. "Wie es rund um Köthen aussieht, weiß ich nicht. Um auch dort eine Voraussage zu treffen, müssen vor Ort Proben vorgenommen werden."

Für solche Proben fühlt sich aber niemand zuständig. Und so werden die Libehnaer irgendwann an eigener Haut erfahren, ob Uwe Zietz und Enrico Uebe mit ihren Beobachtungen Recht hatten.