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Brand Brand: Ursache bleibt ein Rätsel

Von Klaus Adam 19.02.2013, 18:46
Dolf-Ingo Thamm zeigt, durch welches Fenster seine Frau ins Haus gestiegen ist, um ihren Enkel vor Flammen und Qualm zu retten.
Dolf-Ingo Thamm zeigt, durch welches Fenster seine Frau ins Haus gestiegen ist, um ihren Enkel vor Flammen und Qualm zu retten. CHRISTEL Lizenz

Elster/MZ - „Es ist uns ein Rätsel“, sagt Dolf-Ingo Thamm am Montagnachmittag immer noch. Er steht im Hof vor dem rotfarbenen Klinkerbau, von dem noch am Sonnabendmorgen beim gemeinsamen Frühstück niemand erahnte, dass es nur wenige Stunden später unbewohnbar sein würde.

Nur an das Kind gedacht

Seine Frau Heike möchte es in diesem Zustand lieber gar nicht sehen, berichtet er. Sie hatte das Drama am Sonnabend als erste erkannt. Und sofort an den erst sieben Monat alten Jungen, ihren Enkel, gedacht, der in der unteren Wohnung schlief. Durch die Eingangstür, die vom Hof aus ins Haus führt, kam sie schon gar nicht mehr hinein. Dicker Qualm schlug ihr entgegen. Während sie um Hilfe rief, suchte sie nach einem Gegenstand zum Zerschlagen eines Fensters, um zu dem Kind ins Haus zu gelangen. Ein Besen zerbrach, sie fand einen Kanister auf dem Hof, mit dem sie die Scheibe durchstoßen konnte. Dann kletterte sie durchs Fenster, ohne zu beachten, dass sie sich selber Schnittwunden zuzog, um schnell zu dem Jungen zu gelangen. Den nahmen ihr die inzwischen herbeigeeilten Nachbarn dann draußen ab. So schildert Ehemann Dolf-Ingo Thamm das dramatische Geschehen. Mit Hochachtung und Respekt und immer noch sichtlich bewegt. Wie seine Frau das geschafft hat, könne sie selber gar nicht wirklich rekapitulieren. „Man entwickelt da offenbar Riesenkräfte, ohne groß nachzudenken“, resümiert der 55-Jährige. Per Mail an die MZ-Redaktion bedanken sich auch die Eltern des Jungen bei „Oma Heike, die unser Kind rettete“ für den Einsatz. Ebenso bei den Nachbarn. Entgegen ersten Meldungen sei das Kind nicht verletzt und auch schon wieder bei den Eltern.

Nun steht die Familie vor dem Nichts. Was die Flammen oder der Schwelbrand nicht erreichten, ist von Ruß oder Löschwasser unbrauchbar geworden. Thamm selbst betritt das Haus nicht, bevor nicht die Polizei ihre Untersuchungen beendet hat, sagt er. Die hatte sich für Montagnachmittag angekündigt. Erste Behördengänge hat die Familie bereits hinter sich. Außer vielen anderen persönlichen Dokumenten sind auch Ausweise verbrannt, die neu zu beantragen waren.

Regelmäßig klingelt inzwischen das Handy Dolf-Ingo Thamms. Freunde und Bekannte bieten Hilfe. Sein Chef Kersten Henze hat ihm frei gegeben, um die dringenden Angelegenheiten erst einmal zu regeln. Die Stadt stellt im so genannten „altersgerechten Wohnen“ eine Einraumwohnung als Notunterkunft bereit. „Thamms haben sie sich bereits angesehen und werden am Dienstag umziehen“, so Zahna-Elsters Bürgermeister Peter Müller (Freie Wähler) am Montag. Er ruft Mitbürger, die brauchbare Einrichtungsgegenstände abgeben oder auch finanziell helfen können, auf, sich zu melden. Wenngleich Thamm bekennt, „die Solidarität ist groß, das hätte ich nicht gedacht. Aber ich würde anderen genauso helfen“. Erste Einrichtungsgegenstände seien bereits abholbereit.

In den ersten Nächten fand die Familie wie berichtet bei unmittelbaren Nachbarn Unterkunft. Ihr Sohn Marcus und seine Lebenspartnerin, die während des Umbaus ihres neu erworbenen Hauses in Elster bei den Eltern wohnen, kamen bei Marco Thamms Schwiegereltern in Wittenberg unter.

Jahrelang investiert

Jetzt beginnt für die Familie erst einmal eine Zeit des Wartens. Die Polizei muss die Brandursache ermitteln. Gutachter der Versicherungen werden sich im Haus umsehen. Dann erst wird feststehen, wie es weitergeht. „Wir waren gerade fertig mit Renovieren. Seit 2000 haben wir im Haus stückchenweise alles saniert, mit Fußbodenheizung und neuer Elektrik, und auch eine neue Treppe eingebaut.“ Jetzt müssen sie von vorn anfangen.

Retter in der Not: der Kanister als Fenster-Rammbock.
Retter in der Not: der Kanister als Fenster-Rammbock.
CHRISTEL Lizenz