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Weltverbesserer aus Halle Weltverbesserer aus Halle: Firma stellt aus Bioabfällen neue Kunststoff-Materialien her

Von Dirk Skrzypczak 08.06.2019, 06:00
Anett Paul arbeitet am Weinbergcampus bei der GNS im Labor.
Anett Paul arbeitet am Weinbergcampus bei der GNS im Labor. GNS

Halle (Saale) - Professor Herbert Spindler ist ein Experte für die nachhaltige Nutzung biogener Stoffe und mit seinen 85 Jahren auf Kongressen noch immer ein gefragter Mann. Seit Jahrzehnten erforscht er das Potenzial der erneuerbaren Energien. „Das Problem ist die Wirtschaftlichkeit. Atomstrom ist deutlich billiger als der Ökostrom. Ohne staatliche Unterstützung würden die Anlagen nach wie vor nicht rentabel betrieben werden können“, sagt Spindler.

Rückgewinnung von Pflanzennährstoffen und Bio-Abfällen

Vor fast 21 Jahren war der Wissenschaftler einer der Gründer der Gesellschaft für Nachhaltige Stoffnutzung (GNS), die im Technologiepark am Weinberg-Campus ihren Sitz hat und ein Vorreiter der Branche ist. Heute ist Ute Bauermeister die Geschäftsführerin der kleinen, aber höchst innovativen Firma mit gerade einmal vier Angestellten. Die GNS befasst sich unter anderem mit der Rückgewinnung von Pflanzennährstoffen oder Bio-Abfällen.

Wie wichtig das ist, erklärt die Chemikerin mit Doktortitel am Beispiel der Biogasanlagen. Etwa 9000 dieser kleinen Kraftwerke zur Strom- und Wärmeproduktion stehen in Deutschland. „20 Jahre wird ihr Betrieb gesetzlich subventioniert. Fällt die Förderung weg, droht den Anlagen die Stilllegung“, sagt Bauermeister. Die GNS hat ein Verfahren entwickelt, um beispielsweise die Biogasanlagen noch effizienter zu machen.

Aus Bioabfällen wird Dünger und Fasern 

Außerdem werden mit der GNS-Technologie Gärreste aufgearbeitet. Daraus entstehen Dünger, aber auch Fasern als Ersatz für herkömmliche Kunststoffe. 2016 erhielt die GNS dafür den Preis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt. In Ottersberg bei Bremen läuft eine Biogasanlage mit dem GNS-Verfahren. Die Anlage ist eine von fünf Demonstrationsstandorten im Rahmen des EU-Projekts „Systemic“.

In dieser Woche hatten sich Firmenvertreter und Forscher aus sieben europäischen Ländern in Halle getroffen, um über ihre Erfahrungen bei der Rückgewinnung von Pflanzennährstoffen aus biogenen Abfällen zu diskutieren. „Dass wir dieses hochrangige Symposium mit Unterstützung der EU und der Stadt ausrichten konnten, ist für Halle eine große Ehre“, sagt Bauermeister. Die 30 Experten hatten schon vor einem Jahr ihre Hotels gebucht, um angesichts der Händel-Festspiele nicht leer auszugehen.

Rückgewinnung aus Bioabfällen immer wichtiger

„Die Natur schafft Kreisläufe, und wir machen uns dieses Prinzip zunutze“, sagt die Geschäftsführerin. Sie ist überzeugt, dass die Rückgewinnung von Nährstoffen auch aus Bioabfall immer wichtiger wird, um die Nahrungsmittelproduktion in Zukunft zu sichern und um die Belastung für die Umwelt zu reduzieren. Dafür bietet die GNS nach eigenen Angaben bereits einige Lösungen für die Wirtschaft an.

Professor Spindler kommt zum Ursprung zurück. „Die Idee, die Umwelt zu schützen, muss rentabler gemacht werden. Wir haben nicht genug Wasser, um es Berge herunterlaufen und Turbinen antreiben zu lassen.“ Und auch das Bewusstsein der Allgemeinheit zu Umweltfragen müsse sich ändern. Wer beispielsweise ja zur Windkraft sage, müsse im Gegenzug auch die Windräder vor der eigenen Haustür akzeptieren. (mz)