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Was ist der richtige Sparkurs für Halle?  Was ist der richtige Sparkurs für Halle? : Gezerre um Wiegands Plan zum Schuldenabbau

Von Tanja Goldbecher und Dirk Skrzypczak 30.08.2019, 06:00
Um die Stadtkasse ist es derzeit nicht gut bestellt. Die Lösungsfindung entfacht derzeit eine hitzige Debatte zwischen OB und den Stadträten.
Um die Stadtkasse ist es derzeit nicht gut bestellt. Die Lösungsfindung entfacht derzeit eine hitzige Debatte zwischen OB und den Stadträten. DPA

Halle (Saale) - Es war ein Gewitter mit Ansage und führte zur erwarteten Reaktion. Der Stadtrat hat am Mittwoch das Konsolidierungskonzept der Verwaltung von der Tagesordnung genommen. „Das Papier wurde erst eine Stunde vor Beginn der Stadtratssitzung eingestellt. Wir konnten uns nicht auf das Thema vorbereiten“, kritisierte Eric Eigendorf (SPD). Letztlich folgte die Mehrheit im Rat dem Antrag der Linken, das Konzept zumindest nicht offiziell als Tagesordnungspunkt zuzulassen.

Wiegand will die Schulden der Stadt Halle daher langfristig abbauen

Für Halle geht es freilich ums Eingemachte: Hintergrund ist eine Gesetzesänderung der Landesregierung im vergangenen Jahr: Demnach muss die Stadt ihre Liquiditätskredite abbauen. Aktuell liegt der „Dispo“ bei 350 Millionen Euro, den Halle mit 334 Millionen auch ausgeschöpft hat. Gestattet sollen aber nur noch etwa 140 Millionen Euro sein. Und so fordert die Kommunalaufsicht von der Stadt bis zum 30. September eine Strategie, wie die Differenz von gut 210 Millionen Euro mittelfristig eingespart werden kann. Und mittelfristig bedeuten in diesem Fall fünf Jahre. „Wir können dieses Ziel jedoch nicht einmal dann erreichen, wenn die Stadt sämtliche freiwilligen Leistungen streichen würde“, sagte Kämmerer Egbert Geier.

Zwischen 40 und 50 Millionen Euro müsste die Stadt jährlich abknapsen. Die Folgen wären fatal: Kultur, Sport und Vereinsleben wären in Gefahr. Fördermittel könnten nicht mehr abgerufen werden, weil die Stadt den Eigenanteil nicht finanzieren kann. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) will die Schulden der Stadt Halle daher langfristig abbauen. Demnach sollen die sogenannten Liquiditätskredite in ein Schuldscheindarlehen umgewandelt und innerhalb von 30 Jahren getilgt werden. Mithilfe eines niedrigen Zinsniveaus müsste Halle zwar rund sieben Millionen Euro pro Jahr abzahlen.

Stadträte kritisieren Wiegand und fordern Gespräche mit Land zum Konsolidierungskonzept

Aber die Stadt hätte eine Planungsgrundlage. „Unser vorgelegtes Konsolidierungskonzept erfüllt alle kommunalrechtlichen Anforderungen“, sagte der OB und verwies auf ein Gutachten des Kommunalrechtlers Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität, der das Konzept als gesetzeskonform bewertet. Von mehreren Stadträten gab es hingegen heftige Kritik. „Das ist ein reines Verschieben von Schulden und keine langfristige Lösung“, sagte beispielsweise Andreas Scholtyssek. Die SPD forderte den OB auf, „seiner Aufgabe als Verwaltungschef gerecht zu werden“ und endlich Gespräche mit dem Land zum Konsolidierungskonzept zu führen.

„Das Land muss sagen, wie es die hoch verschuldeten Kommunen beim Konsolidieren unterstützen will. Wir brauchen diese Hilfe und mehr Zeit, denn sonst müssen wir alle für das Zusammenleben in unserer Stadt wichtigen Strukturen einstampfen.“ Tatsächlich befinden sich einige Kommunen in Sachsen-Anhalt in einer weitaus prekäreren Lage. Während in Halle die Höhe des Dispos etwa 50 Prozent des Haushaltsvolumen entspricht, sind es in Coswig fast 104, in Wettin-Löbejün 88 Prozent. (mz)