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Liquiditätskredite 334 Millionen Euro Liquiditätskredite 334 Millionen Euro: Halle braucht Hilfe beim Schuldenabbau

Von Tanja Goldbecher 30.04.2019, 05:00
Um die Stadtkasse ist es derzeit nicht gut bestellt. Eine schnelle Lösung wird es für das Problem nicht geben.
Um die Stadtkasse ist es derzeit nicht gut bestellt. Eine schnelle Lösung wird es für das Problem nicht geben. DPA

Halle (Saale) - Der aktuelle Investitions- und Schuldenbericht der Stadt Halle liest sich eigentlich recht positiv. Kämmerer Egbert Geier berichtet darin, wie umfassend die Bildungsinfrastruktur bis 2022 modernisiert wird. Rund 255 Millionen Euro fließen in die Sanierung oder in den Neubau von 39 Schulen, acht Turnhallen sowie 13 Kitas und Horte. Dafür werden Fördermittel von Land, Bund und EU eingesetzt.

Minus von dem Umfang kann nicht kurzfristig abgebaut werden

Zugleich sitzt die Stadt jedoch auf einem hohen Schuldenberg. Laut dem Bericht haben sich die sogenannten Liquiditätskredite Ende 2018 auf 334 Millionen Euro belaufen. „Das ist eine sehr große Schuldenlast für eine Kommune“, sagt Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Diese Kredite seien ursprünglich, ähnlich wie beim Dispo von Privatpersonen, nur für eine kurzfristige Deckung von Engpässen gedacht und sollten nicht immer weiter ansteigen.

Ein Minus von dem Umfang, wie es Halle hat, könne nicht mehr kurzfristig abgebaut werden. Das Statistische Landesamt hat die Verschuldung der Stadt auf die Einwohnerzahl herunterrechnet. Demnach war jeder Hallenser vor zwei Jahren mit 5594 Euro verschuldet. Zum Vergleich: In Magdeburg lagen die Schulden pro Bürger bei 2828 Euro.

Halle in Sachen Verschuldung kein Einzelfall

Der oberste Finanzer der Stadt, Egbert Geier, hat bereits im Interview mit der MZ erklärt, wie das hohe Defizit zustandekommen konnte. „Eine positive Entwicklung einer Stadt ist nun mal nicht kostenfrei“, sagte er. Die Verschuldung sollte deshalb immer ins Verhältnis zu den Gegenwerten gestellt werden, die mit den Investitionen im Stadtbild seit der Wende geschaffen wurden. Die Stadt habe sich sehr gut entwickelt und sei immer attraktiver geworden, so der Kämmerer.

Halle ist in Sachen Verschuldung laut Holtemöller kein Einzelfall. Viele ostdeutsche Kommunen hätten nach der Wiedervereinigung Schulden angehäuft, die sie wegen der notwendigen Investitionen über Jahre nicht abbauen können. Das Problem mit den Schulden bestehe vor allem hinsichtlich der Zinsen. „Wenn die Stadt allein sieben Prozent ihrer Einnahmen für Zinsen aufwenden muss, fehlt ihr dieses Geld an anderer Stelle“, sagt Holtemöller.

Vereine sollen trotz Defizit unterstützt werden

Das betreffe zum Beispiel Zuschüsse an Vereine oder für Projekte, die der Stadtrat beschließen kann. Genau dann fällt die Verschuldung der Stadt auch den Bürgern auf die Füße: Wenn unter anderem Geld für Sportvereine oder die Sozialarbeit fehlt, die die Kommune an sich aber unterstützen möchte. Aktuell hat Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) versprochen, dass alle Vereine trotz des Defizits die Zuschüsse bekommen, die genehmigt wurden.

Allerdings hat sich nun auch die Landesregierung eingeschaltet. Halle muss dieses Jahr ein Konzept vorlegen, wie die hohen Kredite innerhalb der nächsten fünf Jahre abgebaut werden können. Der Stadtrat hat die Verwaltung dazu verpflichtet, das Konzept bereits Ende August in dem Gremium zu präsentieren.

Halle braucht Hilfe beim Schuldenabbau

Ökonom Holtemöller bezweifelt jedoch, dass die Stadt allein das Defizit in dem geforderten Umfang verringern kann. „Die Stadt kann nur langsam aus den Schulden herauswachsen“, sagt er. Zudem müssten auch das Land und der Bund Kommunen generell mehr unter die Arme greifen. Investitionen in die Bildung - und nicht etwa in neue Gewerbegebiete - hätten dabei langjährig die höchste volkswirtschaftliche Rendite.

Die Logik dahinter sei ganz einfach: Gebildete Bürger werden weniger wahrscheinlich zu Sozialfällen, die finanzielle Hilfe brauchen. Neben baulichen Verbesserungen bedeute das auch, vor allem genügend Lehrer und Schulsozialarbeiter zu haben. Das sei eine Landesaufgabe. (mz)