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Reale Lärmmessung gefordert Reale Lärmmessung gefordert: Wie die Bahn auf Protest um Schallschutz reagiert

Von Dirk Skrzypczak 30.01.2019, 11:30
Seit Ende Dezember ist die Zugbildungsanlage am Güterbahnhof Halle im vollen Betrieb. Der Betriebslärm nervt Anwohner im Thaerviertel.
Seit Ende Dezember ist die Zugbildungsanlage am Güterbahnhof Halle im vollen Betrieb. Der Betriebslärm nervt Anwohner im Thaerviertel. Silvio Kison

Halle (Saale) - Thomas Herr, Projektverantwortlicher für den Bahnknoten Halle, kommt gleich zur Sache. „Es wird derzeit viel Quatsch erzählt. Wir setzen den geforderten Lärmschutz entlang der Zugbildungsanlage, am Güterbahnhof und am Hauptbahnhof 1:1 um“, sagt Herr. Es gebe dazu rechtskräftige Baubeschlüsse, an die man gebunden sei. Grund für das Gespräch mit der MZ am Dienstag sind Klagen von 72 Anwohnern aus dem Thaerviertel, die sich über den Betriebslärm durch die Zugbildungsanlage beschweren und Nachbesserungen beim Schallschutz fordern.

Mit 26 Mehrfamilienhäusern im Thaerviertel ist der Bauverein Halle-Leuna der größte Eigentümer. Laut Bahn besteht für 16 Gebäude in der Conrad-Straße, der Julius-Kühn-Straße, der Liebigstraße und am Thaerplatz ein Anspruch auf passiven Schallschutz - entweder durch Schallschutzfenster oder Lüfter, die auch bei geschlossenen Fenstern den Luftaustausch regulieren und gleichzeitig den Lärm draußen lassen.

Projektverantwortlicher für den Bahnknoten Halle: „Nachbesserungen wird es nicht geben. Das muss der Eigentümer wissen.“

„Allerdings wurde der Schallschutz noch nicht umgesetzt, weil der Bauverein erst abwarten will, wie sich die Situation entwickelt, wenn die Zugbildungsanlage im Vollbetrieb ist“, sagt Herr und stellt klar: „Nachbesserungen wird es nicht geben. Das muss der Eigentümer wissen.“ Guido Schwarzendahl, Vorstand im Bauverein, sieht das anders. „Eine Lärmbelästigung alleine anhand theoretischer Berechnungen vorzunehmen, halten wir für falsch. Den Schallschutz sollte man an der realen Belastung orientieren.“

Man befürworte zwar die Investitionen der Bahn, weil sie den Standort Halle stärken. „Wir haben aber auch eine Verantwortung unseren Mietern und unserem Eigentum gegenüber. Wir müssen unsere Interessen schützen“, sagt Schwarzendahl. Im Thaerviertel gebe es derzeit zwei Lager unter den Mietern. Die alteingesessenen Hallenser mit Eisenbahnvergangenheit empfinden den Lärm weit weniger schlimm als neu hinzugezogene Familien.

Bahnknoten Halle: Aktuell wird eine vier Meter hohe Schallschutzwand errichtet

Projektleiter Herr wehrt sich unterdessen dagegen, die Bahn würde mit Fabelwerten arbeiten, um den Schallschutz zu ermitteln. „Grundlage für die Berechnungen ist zunächst die Zahl der Züge, die die Infrastruktur nutzen. Auf dieser Basis wird ein Ingenieurbüro beauftragt, in dem jeweiligen Wohnviertel ganz konkret die Schallschutzmaßnahmen zu ermitteln.“ Dazu sei man im Thaerviertel in drei leeren Häusern gewesen, um die geeigneten Lösungen zu finden. „Normalerweise gehen die Ingenieure in alle betroffenen Gebäude. Aber das wollte der Bauverein nicht.“

Aktuell wird auf einer Strecke von 750 Metern eine vier Meter hohe Schallschutzwand errichtet. Außerdem liegen in Höhe des Thaerviertels acht Gleise, die besonders überwacht werden. „Sie werden durch einen Messzug regelmäßig überprüft. Bilden sich Rillen auf der Lauffläche der Schienen, werden sie abgeschliffen. Ein glattes Gleis produziert weniger Geräusche“, sagt Herr.

Bahnknoten Halle: Komplette Bauphase von einem Lärmmanagement begleitet

Zudem werde die komplette Bauphase am Bahnknoten Halle von einem Lärmmanagement begleitet. Messstationen wie am Ärztehaus in der Ernst-Kamieth-Straße dokumentieren den Baulärm. „So wissen wir, ob die Grenzwerte eingehalten werden“, sagt Herr. Zwischen 7 und 22 Uhr darf die Bahn auf ihrer Baustelle arbeiten.

Entlang der Bahnstrecke in Halle haben die Besitzer von 222 Gebäuden einen Anspruch auf passiven Schallschutz. Erst 42 Häuser wurden bislang ausgestattet. Das liege einerseits an den Eigentümern, die sich Zeit lassen (wie der Bauverein), aber auch an den privaten Fensterbau-Firmen, deren Auftragsbücher so voll sind, dass auch in Halle lange Wartezeiten entstehen. Es gebe aber ebenso Hausbesitzer, die gar keinen Schallschutz wollen. (mz)

Projektleiter Thomas Herr (rechts) und Ingenieur Stefan Görnitz begutachten die Baustelle im Westflügel des Hauptbahnhofs.
Projektleiter Thomas Herr (rechts) und Ingenieur Stefan Görnitz begutachten die Baustelle im Westflügel des Hauptbahnhofs.
Dirk Skrzypczak