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Halle Halle: Mit Werder-Plakette auf dem Uni-Campus

Von MICHAEL DEUTSCH 15.10.2010, 15:19

Halle (Saale)/MZ. - Es gibt so nette Episoden wie diese hier: Der Altrektor Prof. Wulf Diepenbrock fragt also vor einem akademischen Festakt an, wieviel Zeit er für sein Grußwort einplanen darf. "Solange Sie wollen", schreiben ihm die Geisteswissenschaftler beherzt. Die Naturwissenschaftler antworten ganz korrekt, "maximal fünf Minuten".

Alles ist Ansichtssache, auch an einer Uni. Diepenbrock blickt jetzt in Buchform auf seine vierjährige Amtszeit als Rektor zurück. Seinen Buchtitel "Je t'embrasse", aus dem Französischen "Ich umarme Dich", will er nicht wörtlich verstanden wissen. Vielmehr bezieht er sich auf die Grußformel im Briefverkehr, die man auch "mit herzlichen Grüßen" übersetzen kann.

Und jene Grüße schickt er in seiner 232 Seiten starken Publikation an seine Universität - mit zum Teil anekdotenhaft präsentierten Gedanken, Aufsätzen und gehaltenen Reden. "Damit möchte ich die Stimmung aufgreifen, im Rückblick auf eine spannende Amtszeit. Aber auch in Hinblick auf hochschulpolitische Themen, die mich brennend bewegen", unterstreicht der 63-Jährige. Seine Diagnose: "Universitäten befinden sich in der Krise." Nicht nur in der Finanz-, sondern Orientierungskrise. Im Laufe der Zeit sei die Vorstellung darüber, was ihre eigentlichen Aufgaben sind, verblasst. Diepenbrock fordert, sich darauf zu besinnen, "dass die Pflege der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium Kernaufgabe ist". Und er wirkt - wenn er das so leidenschaftlich vorträgt - wie ein hundertprozentiger Rektor. "Das waren die schönsten Jahre meines Lebens," sagt er, ohne dass es kitschig klingt. Diepenbrock hatte ganz klar mit einer Amtszeit-Verlängerung geliebäugelt. Doch die Findungskommission, die im Juni dem erweiterten Senat die Kandidaten vorstellte, verzichtete auf seine Nominierung. Gründe hierfür wurden nie bekannt. Den harten Schlag hat Diepenbrock verdaut. "Ich verspüre ganz sicher keine Verbitterung".

Drei Semester liegen nun vor seinem Ruhestand. Zurückgekehrt ans Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften hält er wieder Vorlesungen und arbeitet am Lehrbuch "Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung". Man kann sich irren: Aber der Altrektor wirkt befreit. Auffällig hat er die von Amtswegen verordnete Förmlichkeit abgestreift.

Ist es da nur ein Gerücht, dass einige Studenten ihren Altrektor kürzlich mit einer Werder-Bremen-Plakette am Jackett auf dem Campus gesehen haben wollen? "Ja, das stimmt", lacht Diepenbrock. Er bekenne sich zum Fußballverein. Er lächelt weiter, weil er an eines seiner vielen Abschiedsgeschenke denkt. Das stammt von Stadtwerke-Chef Willi Klose. "Ob ich es verraten darf? Na, gut", meint Diepenbrock. Es ist ein Gutschein zum Besuch eines Champions-League-Spiels von Werder Bremen."

Das Buch kostet 24,80 Euro und ist im Uni-Shop am Marktplatz erhältlich.