Großeinsatz am Hauptbahnhof Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle: So will die Polizei die Gewalt am Brennpunkt eindämmen

Halle (Saale) - Der dunkelhäutige Mann im weißen T-Shirt versteht kaum etwas. „Wo sie wohnen? Straße? Adresse?“ Polizeiobermeisterin Stephanie Karbe versucht, die Worte besonders deutlich auszusprechen. „Südpark.“ Das ist das einzige, was der Mann ihr und ihrem Kollegen, dem Polizeikommissar Felix Kirst, nennen kann. Schlecht für ihn: Er hat keine Ausweispapiere dabei und muss zu einem Polizeibus, wo seine Fingerabdrücke genommen werden.
Szenen wie diese spielen sich am Dienstag fast ohne Unterbrechung im Bereich des halleschen Hauptbahnhofs ab. Die Bundes- und die Landespolizei führen eine großangelegte Kontrolle durch.
Großeinsatz am Hauptbahnhof: Polizei hat Waffen und Kriminelle im Visier
Es geht einerseits um Waffen, nach denen seit Montag und noch bis zu diesem Mittwoch verstärkt gesucht wird. „Zum anderen haben wir einen verstärkten Fahndungseinsatz. 120 Mann sind im Einsatz, davon 50 von der Landespolizei“, erklärt Romy Gürtler, Sprecherin der für Halle zuständigen Bundespolizeiinspektion Magdeburg.
Ein solcher verstärkter Fahndungseinsatz hatte bereits im Februar stattgefunden und ist einmal im Quartal geplant. Damals waren den Beamten gar so viele Kriminelle ins Netz gegangen, dass die Zellen auf der Bahnhofs-Wache alle voll waren.
Waffenverbot am Hauptbahnhof als Reaktion auf steigende Kriminalität
Die Waffensuche war in einer sogenannten Allgemeinverfügung vorher angekündigt worden. Demnach ist es verboten, überhaupt illegale Waffen wie Pistolen oder Butterflymesser dabei zu haben. Aber auch eigentlich erlaubte Taschenmesser, eine ordnungsgemäß angemeldete Schusswaffe für den Schützenverein oder eine Softair-Waffe sind während der drei Tage tabu.
Hintergrund ist die stark gestiegene Zahl der Angriffe auf Reisende, Bahn-Mitarbeiter und Polizisten am halleschen Hauptbahnhof. Im Jahr 2016 ereigneten sich von den landesweit 502 Gewaltstraftaten, wie etwa Schlägereien und Messerstechereien an Bahnhöfen, allein 253 in Halle - also mehr als die Hälfte. Die Zahl stieg im Jahr 2017 sogar noch auf 261 Straftaten im halleschen Bahnhof. Die Lage in Magdeburg war im Vorjahr noch schlimmer: 373 Gewaltstraftaten registrierte die Polizei am Hauptbahnhof der Landeshauptstadt. Die Polizei spricht bereits von einem Brennpunkt.
Kontrollen am Hauptbahnhof: Polizei prüft Reisebusse auf illegale Einwanderer
Um den Bahnhof als „gefährlichen Ort“ zu kennzeichnen, was den Beamten dauerhaft mehr Kontrollmöglichkeiten erlauben würde, fehlen jedoch verlässliche Zahlen. Auch der Erhebung dieser Zahlen dient die Schwerpunkt-Kontrolle am Dienstag.
Doch die Beamten haben auch andere Delikte im Blick: „Die Bahnhöfe sind auch immer ein Schwerpunkt für illegale Einreisen. Busrouten werden gerne genutzt“, sagt Felix Kirst.
Aus diesem Grund stehen er und seine Kollegen gegen 15 Uhr auch am Busbahnhof, wo gerade ein Flixbus aus Frankfurt einfährt.
Jeder Reisende muss seinen Pass zeigen, dabei kontrollieren die Beamten auch den Mann mit dem weißen T-Shirt. Nach einem Datenabgleich im Polizeicomputer heißt es jedoch: Entwarnung. Gegen ihn liegt nichts vor.
Kontrolle am Hauptbahnhof: Das hat die Polizei gefunden
Das war nicht bei allen Überprüften der Fall. Schon nach zwei Stunden verzeichnet die Polizei einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, es gibt fünf Aufenthaltsermittlungen, bei denen Personen kontrolliert wurden, die von Behörden gesucht worden sind.
Bei einer weiteren Überprüfung finden Beamte ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Arm eines Reisenden, ein anderer hat gegen das Aufenthaltsgesetz verstoßen. Und auch bei Waffen sind die Polizisten fündig geworden: „Wir haben ein sogenanntes Multitool mit Messern, ein Cutter-, ein Spring- und ein Einhandmesser mit feststehender Klinge gefunden“, sagt Sprecherin Romy Gürtler.
Insgesamt werden zehn Waffen entdeckt, wovon drei unter das Waffengesetz fallen, also verboten sind, die weiteren sieben sind laut der Allgemeinverfügung verboten. Die Zahl der Verstöße insgesamt beläuft sich am Dienstag auf 45. „Es ist schon erschreckend, dass wir trotz der Ankündigung so viel gefunden haben“, zieht Einsatzleiter Andreas Hesse am Abend ein Resümee. (mz)