Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle: Polizei fahndet, bis die Zellen voll sind

Halle (Saale) - Im Eingangsbereich des Polizeireviers ist die Luft verbraucht und es riecht nach Schweiß. Acht dunkelhäutige Männer stehen zwischen einer massiven Stahltür und einer großen Panzerglasscheibe im Dienstgebäude der Bundespolizei in der Ernst-Kamieth-Straße am Hinterausgang des halleschen Hauptbahnhofs.
Sie sind der Polizei während einer stundenlangen Schwerpunktkontrolle rund um den Hauptbahnhof ins Netz gegangen und warten auf ihre Vernehmung. Doch das kann dauern, schließlich hat die Polizei ungewöhnlich viel zu tun.
Erstmalig haben am Mittwoch Landes- und Bundespolizei gemeinsam Jagd auf Kriminelle gemacht - überaus erfolgreich. „Zeitweise mussten die Kollegen den Dienst draußen unterbrechen, weil das Revier und alle Zellen komplett voll waren“, sagt die Sprecherin der zuständigen Bundespolizei in Magdeburg, Chris Kurpiers, am Nachmittag. Da dauert der Einsatz bereits einige Stunden an, ist aber noch lange nicht abgeschlossen.
Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle: Verdächtige stehen Schlange vorm Verhör
Der Einsatz läuft unter der Führung vom Ersten Polizeihauptkommissar Andreas Hesse von der Bundespolizei. Normalerweise sitzt er in der Landeshauptstadt, am Mittwoch aber leitet er den Einsatz vor Ort in Halle. „Wir erhöhen temporär den Fahndungsdruck im Bahnhof und im Umkreis von 200 Metern. Unsere Schwerpunkte sind Drogendelikte, Gewalttaten und unerlaubte Migration“, sagt er in seinem Büro, von dem man durch die Panzerglasscheibe auf die Verdächtigen blicken kann.
Inzwischen ist einer der jungen Männer nach drinnen geführt worden. Dort wird er durchsucht, befragt, fotografiert und es werden Fingerabdrücke genommen. Weil die Beamten trotz eines mit vier Polizisten eigens eingerichteten „Backup-Büros“ im hinteren Teil des Reviers mit der Schreibarbeit nicht nachkommen, stauen sich die Verdächtigen im Vorraum.
Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle: Besondere Zusammenarbeit von Bundes- und Landespolizei
Im Bahnhofsbereich kontrollieren derweil uniformierte und zivil gekleidete Beamte der Bundespolizei weitere Verdächtige. An den Ausgängen zur Stadt, also dem Genscher- und Riebeckplatz und an der Ernst-Kamieth-Straße fangen Polizisten der Landespolizei Verdächtige ab, die sich der Kontrolle entziehen wollten.
Für Außenstehende ein gewöhnlicher Vorgang, doch eine solche Zusammenarbeit zwischen den Behörden in dieser Form ist etwas Besonderes. Die Bereiche der Landes- und Bundespolizei sind in Deutschland nämlich klar getrennt. Während die Bundespolizei - der frühere Bundesgrenzschutz - Flughäfen, Häfen, Bahnhöfe und Grenzübergänge absichert, ist die Landespolizei im Rest des Landes unterwegs. „Durch die gute Zusammenarbeit verhindern wir einen Verdrängungseffekt“, sagt Hesse.
Verdächtige, die vom Bahnhof flüchten wollen, haben so keine Chance und laufen geradewegs den Kollegen in die Hände.
Großeinsatz am Hauptbahnhof Halle: Zehn Personen unerlaubt nach Deutschland eingereist
„Die Kontrolle hat um 13 Uhr begonnen und wir haben bereits 80 Personen kontrolliert“, sagt Hesse um 17 Uhr. Sieben Personen konnten keine Aufenthaltsgenehmigung vorlegen, weitere zehn sind unerlaubt nach Deutschland eingereist. „Drei Männer aus Schwarzafrika waren sogar vollständig ohne Behördenkontakt, obwohl sie sich mit einer in Verbindung gesetzt haben müssten.“ Der Verdacht liege nahe, dass diese Personen unerkannt untertauchen wollten, vermutet der Polizist.
Pech für einen der drei Verdächtigen, der am Mittwoch hinter einer dicken Stahltür in einer kargen Arrestzelle sitzt. Er wird am Donnerstag einem Richter vorgeführt und wandert womöglich in Abschiebehaft.
Nicht die letzte Kontrolle am Hauptbahnhof Halle
Aber auch Gewalttäter haben Hesse und seine Kollegen im Visier. „Die Übergriffe auf Zugbegleiter haben zugenommen. Der Hauptbahnhof ist ein Zentrum für Randständige“, sagt er. Deshalb fahren Polizisten am Mittwoch in Nahverkehrszügen mit. „Hinzu kommt, dass die Bahn auch für Drogentransporte genutzt wird“, sagt Hesse. Bis zum Nachmittag erwischt die Polizei einen mutmaßlichen Dealer und drei Drogen-Besitzer.
Fazit der Kontrolle: sie lohnt sich. Über 30 Strafverfahren hat die Polizei eingeleitet, zwei Haftbefehle vollstreckt und mehrere illegal Eingereiste festgenommen. Dass die Schläger, Dealer und unerlaubt Eingereiste morgen, wenn die Luft wieder rein ist, einfach weitermachen wie bisher, glaubt Hesse übrigens nicht. „Die sind jetzt bei uns im System registriert und wissen, wir kennen sie.“ Im vergangenen Jahr gab es allein am Hauptbahnhof Halle über 900 Straftaten. „Wir müssen mehr machen und der Bevölkerung zeigen: wir sind da“, sagt Hesse zum Schluss. Rund alle zwei Monate werden er und seine Kollegen die Schwerpunktfahndung wiederholen. (mz)