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Ein Leitbild wird gesucht

Von GÜNTER KOWA 01.12.2008, 20:16

HALLE/MZ. - Vertreter der Universität und der bauplanerischen Institutionen des Landes - das Landesbüro Bau sowie das Referat Hochschulbau beim Kultusministerium - präsentierten schon mal das "Städtebaulich-architektonische Leitbild" für den neuen Campus der Geisteswissenschaften. Im Auftrag ausgearbeitet hatten es die beiden halleschen Architekten Thomas Dietzsch und Andreas Weber.

Die Beiratsmitglieder schauten allerdings eher ratlos drein, als die beiden Kollegen ihre verschiedenen Haupt- und Untervarianten vorstellten, wie die vorgesehenen Neubauten auf dem Areal zwischen Ludwig-Wucherer-, Emil-Abderhalden- und Adam-Kuckhoff-Straße verteilt werden könnten. Dort befindet sich derzeit noch die Landwirtschaftliche Fakultät mit ihren hundert Jahre alten denkmalgeschützten Labor- und Hörsaalbauten entlang der Straßen und einem reizvollen Park dahinter.

Nicht dieses Austesten städtebaulicher Möglichkeiten sorgte für Stirnrunzeln im Beirat, sondern das Fehlen einer klaren Aussage, welche Variante bevorzugt würde. "Sonst freuen wir uns ja, wenn wir frühzeitig einbezogen werden", sagte Beiratsmitglied Angela Mensing de Jong an die Adresse der Ministerialbeamten, "aber hier wissen wir nicht so recht, wonach wir gefragt werden." Dabei betonten die Bauherrenvertreter die große Dringlichkeit des Vorhabens. Bis 2013 müssen die EU-Fördermittel ausgegeben sein, sonst geht das 250 Millionen Euro-Projekt baden. Mit Verweis auf diese Lage argumentierten sie auch für das angestrebte Auswahlverfahren. Für einen klassischen Wettbewerb reiche die Zeit nicht mehr, stattdessen werden Büros, die sich mit Referenzen bewerben können, ausgewählt. Und zwar für drei "Lose" separat: Den Umbau der denkmalgeschützten Trakte zu beiden Seiten des Areals sowie der Neubau der Bibliothek und einiger Institute.

Der aber ist der Dreh- und Angelpunkt für das Erscheinungsbild des Campus, sowohl in der städtebaulichen Einfügung als auch in baulicher Gestalt. Deshalb ging am Ende die Empfehlung des Beirats dahin, im Auswahlverfahren für die Bauaufgabe "Bibliothek" wenigstens sechs Büros mit konkurrierenden Entwürfen zu beteiligen.

Ob es dazu kommt, ist aber offen. Den Bauherren schien eine vorab geklärte städtebauliche Planung dringlich - "wir haben keine Zeit für die Diskussion" eben dieser Angelegenheit, sagte der Geschäftsführer des Landesbaubetriebs, Falko Balzer, ergo wolle man auch kein konkurrierendes Verfahren.

Was in der Runde überhaupt an Kommentaren über die Vorlage zustande kam, bestätigte nur, wie wenig es zu diskutieren gab bei so unentschiedenen Vorgaben. Immerhin lenkte die Veranstaltung die Aufmerksamkeit darauf, was den Campus ausmachen wird: Das Zusammenspiel von Altbauten, Park und dem wichtigsten und unverzichtbaren Neubau, nämlich der Bibliothek. Dieses Gebäude wird Eingangstor und Landmarke sein, Brennpunkt und Symbolzeichen.

Es wird nicht die Signalwirkung im Stadtraum haben wie es das lange diskutierte, dann endgültig verworfene Hochhaus am Hallmarkt gehabt hätte. Aber in seiner Hofsituation wird es auch die mögliche Weiterentwicklung des Campus bestimmen, die Uni-Kanzler Martin Hecht in Aussicht stellte. Dass ein solch signifikanter Solitär seine optimale Gestalt nicht auf dem Wege eines Wettbewerbs findet, muss als bedauerliche Folge der jahrelang ergebnislosen Standortdebatte gewertet werden. Am kommenden Dienstag haben die Stadträte das Sagen, da geht das "Leitbild" vor den Planungsausschuss.