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Detlef Färber erinnert sich Detlef Färber erinnert sich: "Ein Gefühl das töten kann"

Von Detlef Färber 16.11.2015, 16:25

Halle (Saale) - Bald wissen wir's genauer, was das für Leute waren oder sind, „die so was Furchtbares tun“. Und einer wird bestimmt wieder dabei gewesen sein: Dieser „im Grunde höfliche, hilfsbereite junge Mann, der plötzlich immer verschlossener geworden ist“. Der Typ also, den wir schon von früheren Terroristenmorden her kennen. Aber was ist nur in ihn gefahren, in der Zeit vor seinen Taten? Eins ganz bestimmt: Dieses kreuzgefährliche Gefühl, dem Rest der Welt moralisch überlegen zu sein. Und zu den „Gerechten“ zu gehören: zu den „Guten“!

Dieses Gefühl hat ja einst schon die deutsche RAF im Westen und die Stalinisten im Osten beseelt. Und bestärkt. Und es beseelt und bestärkt nun rechte, linke und religiös gefärbte Extremisten. Und macht sie schlimmstenfalls zu Mördern mit gutem Gewissen. Weil ihre so genannte gute Sache doch jede Tat rechtfertigt.

Aber dieses seit Jahren um sich greifende Gefühl, anderen moralisch überlegen zu sein, richtet auch viele kleinere Schäden an. Schäden, die unsere Stadt und das Land spalten - und bereits verändert haben. Denn plötzlich fühlen sich immer mehr Leute berechtigt, anderen den Mund zu verbieten, sie zu verdächtigen und an den Pranger zu stellen. Oder ihnen egoistische Interessen vorzuwerfen. Interessen, wie sie keiner von den Immer-Guten bei sich selbst jemals auch nur suchen würde!

Eine Lehre aus diesem dramatischen Jahr 2015 steht jetzt schon fest: Es ist die altbekannte Erkenntnis, dass gerade das Gutgemeinte auch fatale Folgen haben kann. Höchste Zeit also für uns alle, schnell von unserem jeweils hohen moralischen Ross zu steigen! Und viel leiser wieder das zu tun, was sachlich und menschlich geboten ist.