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Bundesfreiwilligendienst in Hohenthurm Bundesfreiwilligendienst in Hohenthurm: Wieder in die Schule

Von ALEXANDRA PRINZ-Klause 09.02.2014, 18:03

Hohenthurm/MZ - Sonja Westphal ist eine energische Frau mit viel Lebens- und Berufserfahrung. Die Wirtschaftskauffrau und studierte Ökonomin war bis April 2012 in der Baubranche tätig. Als Projektverantwortliche betreute sie Sanierungen und Neubauten. Als ihr damaliger Arbeitgeber Insolvenz anmelden musste, trat die 58-Jährige den Weg zum Jobcenter an. Aus Arbeitslosengeld (ALG I) wurde bald Hartz IV, ein beruflicher Wiedereinstieg schien in weite Ferne gerückt. An der Grundschule „Am Mühlberg“ in Hohenthurm absolvierte sie im Oktober ein zweiwöchiges Praktikum. Dort hörte sie zum ersten Mal vom Bundesfreiwilligendienst (BFD). „Es gab Kollegen, die gerade den BFD absolvierten. Die unterstützten die Lehrer und Kinder und brachten ihre Kompetenzen mit ein. Das gefiel mir – das wollte ich auch machen.“

Sonja Westphal sieht ihren Bundesfreiwilligendienst, der im März beginnt, vor allem als Chance, sich einzubringen und Schulleben mitzugestalten. Geplant sei, dass sie an vier Tagen pro Woche die Lehrer bei der Arbeit mit lernschwächeren Schülern unterstütze. „Darauf freue ich mich sehr“, sagt die gebürtige Leipzigerin. Erfahrungen mit Kindern macht sie täglich mit ihren Enkeln Tom und Lilly. So betreut sie den neunjährigen Tom bei den Hausaufgaben oder spielt mit den Kindern Fußball auf der Wiese.

Ein sehr konstruktives Miteinander

Besonders beeindruckt habe sie vor allem auch das Team der Grundschule, erzählt Sonja Westphal. „Schulleiterin Sylke Hartmann behandelt alle gleich, es gibt ein sehr konstruktives Miteinander. Eine wirklich gute Arbeitsgrundlage.“ Das habe sie mehr gereizt als die finanzielle Entschädigung: eine Anhebung des Hartz-IV-Freibetrages auf 200 Euro (bei ALG-I-Beziehern verlängert sich die Bezugsdauer um die 18 Monate BFD).

Der Bundesfreiwilligendienst ist auf 18 Monate begrenzt. Im Juli 2011 – als die Wehrpflicht und mit ihr der Zivildienst endete - baute die Bundesregierung die bisherigen Freiwilligendienste aus und führte einen neuen ein: den Bundesfreiwilligendienst, der allen Altersklassen offensteht. Aktuell gibt es deutschlandweit rund 37.000 sogenannte Bufdis.

Dabei ergeben die Zahlen, die das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Bafza) monatlich veröffentlicht, ein deutliches Bild: Im Westen Deutschlands ist die große Mehrheit der Bufdis unter 27 Jahre alt - im Osten deutlich älter. Die Gründe dafür sind vielschichtig, die Struktur des Arbeitsmarkts spielt allerdings eine entscheidende Rolle. Im Osten, wo die Arbeitslosenquote viel höher liegt als im Westen, wird der Dienst mitunter als Alternative zum Arbeitsmarkt oder zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs, Bewerbungs- oder Weiterbildungen betrachtet.

Das Bafza will das ihm selbst zur Verfügung stehende Kontingent bis zum Herbst zurückhalten, wenn Schulabgänger ihren Dienst beginnen wollten. Davon sind kommunale Kindertagesstätten oder Pflegeeinrichtungen betroffen, Träger wie Caritas oder Diakonie aber nicht. Der begrenzte Einstellungstopp für Ältere wirft ein Schlaglicht auf die Gegensätze in Ost und West.

Am meisten motiviert Sonja Westphal aber die Aufgabe, auch Projekte mitbetreuen zu können. So ist der Schulgarten derzeit eine ehrgeizige Idee des Fördervereins und vieler Eltern, an der gearbeitet wird. Auch der Schulhof – im Moment noch von einem Bauzaun begrenzt – soll und muss noch Gestalt annehmen. Hierbei will sich die Baufachfrau Westphal auch Unterstützung von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg holen. „Im Rahmen einer Magister- oder Hausarbeit könnten auch die Kosten für einen adäquaten Schulhof ermittelt werden“, sagt die Braschwitzerin über ihre Pläne. Auch auf Sponsorensuche wolle sie sich begeben, nicht zuletzt, um dem sanierungsbedürftigen Nebengebäude („Kreativgebäude“) auf dem Schulgelände neues Leben einzuhauchen.

Elan und Tatkraft

Große Pläne für 18 Monate Bundesfreiwilligendienst, aber Schulleiterin Sylke Hartmann freut sich über den Elan und die Tatkraft der künftigen Kollegin. „Bei uns ist jeder willkommen, der sich mit ganzem Herzen und Können einbringen kann und will. Die Türen stehen jedem offen.“

Gesucht werden dauerhaft Menschen jeden Alters, die Erfahrungen weitergeben wollen, gerne helfen, Orientierung suchen, aber auch einen Einstieg ins Berufsleben oder einen sanften Ausstieg aus der Berufstätigkeit. Erforderlich sind lediglich ein Gesundheitspass und ein polizeiliches Führungszeugnis.