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Axel Ranisch über Talente Zorn und Halle Axel Ranisch über Talente Zorn und Halle: "Ich vermisse Halle ganz arg"

09.04.2018, 05:00
Axel Ranisch
Axel Ranisch Agentur

Halle (Saale) - Er ist Schauspieler, Film- und Musical-Regisseur sowie Drehbuchautor. In Halle kennt man Axel Ranisch vor allem als den „dicken Schröder“ aus fünf „Zorn“-Filmen, die allesamt in der Saalestadt gedreht wurden. Nun ist das Multitalent als Schriftsteller unterwegs. Vor seinem Auftritt in Halle hat sich Alexander Schultz mit dem 34-jährigen Berliner über dessen Talente, Zorn und seine besondere Beziehung zur Saalestadt unterhalten.

Bücher schreiben, Schauspielern, Regiearbeit für Bühnen und Filme - gibt es irgendetwas was Axel Ranisch nicht kann?
Axel Ranisch: Ich kann nichts Vernünftiges. Ich habe zwei linke Hände, ich verstehe die Steuerunterlagen nicht, Pflanzen gehen bei mir ein, wenn mein Mann sie nicht pflegt. Ich kann weder weit werfen, noch schnell laufen, ich kann auch keinen Kuchen backen, Klavier spielen, oder eine Playstation bedienen. Es ist schon ein ziemliches Wunder, dass ich mit meinen abstrakten Talenten so gut über die Runden komme. Aber glaub mir, ich bin demütig und dankbar dafür.

„Nackt über Berlin“ ist dein erstes Buch. Wann kamst du auf Idee, diesen Roman zu schreiben?
Ranisch: Ich kam gar nicht von selbst drauf. Zwei Lektorinnen des Ullstein-Verlags (Katrin Fieber & Monika Boese) haben 2014 unseren Film "Ich fühl mich Disco" im Kino gesehen und waren danach der festen Überzeugung, dass ich einen Roman schreiben sollte. Ich traute mir das zunächst gar nicht zu, hatte auch keine Geschichte parat, die einen Roman ausgefüllt hätte. Ein Jahr später kam mir dann aber eine Idee. Eine Filmidee zunächst. Ich wollte den Schauspieler Thorsten Merten einsperren. Ein Kammerspiel mit ihm allein. Ein Mann erwacht in Gefangenschaft und weiß nicht warum.

Auf der Suche nach der Identität seines Entführers durchstreift er sein Leben und stellt sich unangenehmen Fragen: Wer hat ein Motiv, um sich an mir zu rächen? Wann und wo habe ich verbrannte Erde hinterlassen? War ich ein guter Mensch? War mein Leben es wert, gelebt zu werden? - Ich entwickelte zusammen mit Thorsten Merten und Heiko Pinkowski die Figur des Lehrers Jens Lamprecht. Wir erfanden die eigene Wohnung als Tatort, bauten eine Welt um den Lehrer herum.

Schließlich kamen die Entführer Jannik und Tai dazu und mit ihnen weitere Figuren, Familien und Lebenswelten. Plötzlich sprengte der Stoff die Grenzen eines 90minütigen Films. Die Idee zum Roman war geboren. Nach drei Jahren inhaltlichen Anlaufs sprang ich im Mai 2017 ins kalte Wasser und begann zu schreiben.

Die Hallenser lieben dich als dicken Schröder aus den Zorn-Filmen. Wieviel Schröder steckt in Axel Ranisch?
Ranisch: Genauso viel Axel, wie auch in meinem Romanhelden Jannik. Ich bin kein ausgebildeter Schauspieler. Mir fehlt Handwerkszeug und Talent, um ein Charakterdarsteller zu sein. Aber wenn eine Rolle zu mir passt, wenn ich mich mit ihr identifizieren kann, dann habe ich viele Geschichten zu erzählen.

Was war dein schönstes Dreherlebnis in Halle und warum bedauerst du die Einstellung der „Zorn“-Verfilmungen?
Ranisch: Oh, ich habe das Drehen sehr genossen. Da gibt es viele schöne Erinnerungen: Im ersten Teil der Dreh im alten Stadtbad, im Zweiten die Szenen im Nordbad, im Dritten das Tanzen auf Frau Borks Geburtstagsparty, im Vierten die hübschen Szenen im "Chez Schröder" und im Fünften die unheimliche Stimmung am Hafen. Ich vermisse Halle ganz arg. Die Stadt und die Leute. Ich vermisse die Bisamratten in der Saale, die schönen Läden und lauschigen Cafés in der Altstadt, die gemütlichen Kinos und den guten Wein aus der Region.

Ich habe Freunde gefunden, die ich viel zu selten sehe, seit dem wir nicht mehr drehen. Halle ist ein Stück Heimat für mich. Wenn ich ankomme, geht die Sonne in mir auf und wenn ich nicht da sein kann, fehlt mir etwas. Und was Zorn angeht, schmerzt die Tatsache, dass ich nicht mehr Patenonkel werden durfte. Die unverfilmten Romane von Stephan Ludwig sind voller Szenen, die ich gerne gespielt hätte.

Hast du noch Kontakt zu deinen Ex-Kollegen aus „Zorn“?
Ranisch: Aber ja, wir haben uns grad erst zum gemeinsamen Kochen in Berlin verabredet. Wir stünden übrigens jeder Zeit geschlossen zur Verfügung, wenn es mit den Zorn-Verfilmungen doch noch weiter ginge.

Du warst die vergangenen Jahre oft in Halle drehen. Was gefällt dir in der Stadt und was eher nicht?
Ranisch: Halle ist eine Kulturstadt. Die Menschen sind warmherzig und begeisterungsfähig. Wenn ich durch meine wunderbare Familie nicht so in Berlin verwurzelt wäre, ich könnte mir gut vorstellen, in Halle zu leben. Dann würde mir sicher auch einiges einfallen, das mir nicht gefällt. Aus der mittleren Distanz betrachtet, trage ich aber mit Blick auf Halle eine ziemlich rosarote Brille.

2017 lief dein erster Tatort, bei dem du Regie geführt hast, und wurde von einer Zeitung als „schlechtester Tatort aller Zeiten“ bezeichnet. Wie sehr trifft dich Kritik?
Ranisch: Schon sehr. Ich will ja auch nur geliebt werden. Auf der anderen Seite muss ich aber auch authentisch bleiben. Ich will nicht in vorauseilendem Gehorsam meine Ecken und Kanten abschleifen, nur damit sich niemand daran stößt. Mal treffe ich mit meinem Humor, meiner Ästhetik den Geschmack des Publikums und mal eben nicht. Ich finde, das muss möglich sein. So lange ich mit Leidenschaft und Herzblut arbeite, habe ich mir nichts vorzuwerfen.

Du machst ja auch viel Theater-Regie. Wann inszenierst du mal ein Stück in Halle?
Ranisch: Das hängt weniger von mir ab, als von den Verantwortlichen der Bühnen Halle. (lacht)

Was sind deine nächsten Projekte und wann kommst du mal wieder nach Halle?
Ranisch: Im Sommer inszeniere ich in München Haydns "Orlando Paladino" für die Bayerische Staatsoper. Zusammen mit Devid Striesow nehme ich gerade eine kleine Serie über Klassische Musik für Deutschlandfunk auf. Mit meinem Mann schreibe ich ein Hörspiel für den NDR. Im Kopf spukt ein neuer Roman und neben einigen Projekten als Produzent, wollen wir mit unserer Firma "Sehr gute Filme" natürlich auch "Nackt über Berlin" auf die Leinwand bringen. In Halle bin ich das nächste Mal am 11. April. Da lese ich im Objekt 5 aus meinem Roman vor.

Axel Ranisch kennt man eigentlich immer nur fröhlich. Verrätst du den Hallensern dein Geheimnis dafür?
Ranisch: Öfter Mal "na gut" sagen, statt sich aufzuregen. Denn meistens ist der Grund den Ärger gar nicht wert.

Am 11. April liest Axel Ranisch im Objekt 5 in Halle aus seinem Debütroman „Nackt über Berlin“. (mz)