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Straßenübergabe bei Cösitz Straßenübergabe bei Cösitz: Nun freie Fahrt auf dem «Weg ins Nirgendwo»

Von Wladimir Kleschtschow 29.07.2003, 16:32

Cösitz/MZ. - Anwesend bei dieser nichtfeierlichen Übergabe waren unter anderem Vertreter des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung aus Dessau sowie des Straßenbauamtes Wittenberg. Finanziert aus Bundesmitteln, geht der Weg nun ins Eigentum der Gemeinde Cösitz über, die am Dienstag durch Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft Anhalt-Süd vertreten war.

Dabei sorgt der Bau des Weges gerade in Cösitz von Anfang an für erhitzte Gemüter. Von "einem Weg ins Nirgendwo" ist die Rede und von viel zu viel Aufwand für die wenigen Nutzer. Denn die vielen einzelnen Flächen wurden von ihren Besitzern an zwei bis drei Landwirte verpachtet.

Bereits Ende November 2001 ging die MZ Köthen auf den Bau des neuen Feldweges ein. "Das Vorhaben wird im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens nach dem Bau der Umgehungsstraße bei Radegast verwirklicht", hieß es damals seitens des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (Alf) in Dessau. Durch den Bau dieser Umgehungsstraße waren Zufahrten zu einigen Landwirtschaftsflächen zerschnitten. Für die betroffenen Besitzer schreibt das Gesetz den Bau einer neuen Zufahrt als Ausgleich vor.

Nun ist der Feldweg fertig, die Kritik aus der Bevölkerung lässt aber nicht nach. Denn die Zufahrt sieht mehr als solide aus. Offenbar reichte eine einfache Schotterdecke nicht aus, oben drauf kam noch eine Spurbahn aus Rasenverbund-Pflastersteinen. Alles in allem eine Höhe von bis zu 50 Zentimetern. War das nötig? "Bei derartiger Stabilität könnten hier durchaus schwere Flugzeuge starten und landen", bemerkte in diesem Zusammenhang Werner Popp, der hier ebenfalls ein Grundstück besitzt, das er verpachtet hatte.

Immerhin hat der Feldweg, der eine Länge von 960 Meter hat und tatsächlich abrupt vor einem Acker endet, den Steuerzahler 200 000 Euro gekostet. Geplant waren 144 000. "Hätte man da nicht ein wenig sparsamer sein und das eingesparte Geld für manche marode Straße in der Umgebung verwenden können?" fragen viele Bürger.

"Es ist keine schöne Geschichte", kommentierte zum Beispiel der Cösitzer Willi Diener, der mit seinem Rad während der Abnahme zufällig vorbei kam. "Die Straße von Cösitz nach Gölzau wird von vielen genutzt, die hier zur Arbeit oder zum Einkauf fahren. Sie hätte man lieben ausbauen sollen."

Experten vom Straßenbauamt Wittenberg und vom Alf aus Dessau wiesen am Dienstag alle Vorwürfe zurück. "Der Feldweg führt teilweise durch ein Sumpfgelände", hieß es unter anderem. "Deshalb musste für die schwere Landtechnik so stabil gebaut werden. Schließlich wollen wir, dass die Fahrbahn mindestens 20 Jahre genutzt wird, ohne dass irgendwelche Reparaturen anfallen."

Der Cösitzer Bürgermeister Herbert Hartung bezweifelt, dass die Rasenpflaster-Spur auf der wenig genutzten Zufahrt erforderlich ist. "Diese Pflastersteine hätten sie lieber auf der ersten Hälfte der ländlichen Straße nach Gölzau verwenden sollen, auf die bis zur eigentlichen Feldzufahrt nur Schotter kam", meint er. "Und für die Zufahrt hätte Schotter gereicht." Hartung kritisiert die Informationspolitik vom Alf. Er als Bürgermeister habe vom Straßenbau erst dann erfahren, als die Bagger kamen.

Alf-Leiterin Friedegund Müller erklärt die ganze Aufregung um den Bau des Feldweges dadurch, dass die Bürger über die Flurneuordnung wenig Bescheid wissen. "Das Geld für dieses Vorhaben wurde vom Bund zweckgebunden nur für den Bau des Feldweges zur Verfügung gestellt. Wir dürfen davon nicht einfach etwas abzweigen, um die ländliche Straße Cösitz-Gölzau zu sanieren. Eine solche Sanierung kann nur aus einem anderen Topf, dem für den ländlichen Wegebau, gefördert werden."

Selbst Hartung gibt hier der Alf-Chefin Recht. "Die Bürger denken, ich habe in diesem Fall nichts getan, um die Steuerzahler-Gelder besser zu verwenden. Offenbar regiert in Deutschland aber nicht Demokratie, sondern Bürokratie", kommentiert er halb im Spaß, halb im Ernst.