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Rätsel um Parteitag-Absage Rätsel um Parteitag-Absage: AfD spricht von Bedrohung - Polizei ist nichts bekannt

Von Lisa Garn und Steffen Brachert 29.08.2017, 08:07
Die AfD hatte ihren Landesparteitag 2017 im Golfpark Dessau kurzfristig abgesagt.
Die AfD hatte ihren Landesparteitag 2017 im Golfpark Dessau kurzfristig abgesagt. Steffen Brachert

Dessau - Am späten Samstagabend dürfte André Poggenburg zufrieden gewesen sein. „Linke Gewalt - AfD sagt für Sonntag geplanten Parteitag ab“: Der Verdacht war im Internet längst zur Tatsache geworden. Doch warum die AfD ihren Islam-Parteitag wirklich absagte, bleibt auch zwei Tage später unklar.

Nachweise nicht erbracht

Poggenburg selbst hatte die Absage am Sonnabend um 11.45 Uhr per Mail verschickt. „Es gibt Aufrufe zu linken Sabotageakten im Zuge des Parteitages und es ist stark mit Übergriffen auf Mitglieder sowie deren Fahrzeuge, natürlich durch eine aufgeheizte linke Szene die unseren Wahlkampf sabotieren will, zu rechnen“, hieß es dort. Kommafehler inklusive. Nachweise für die Aufrufe brachte Poggenburg nicht.

Die AfD habe „Informanten aus der linken Szene“, die vor Aktionen der Linken beim geplanten AfD-Parteitag gewarnt hätten, sagte Poggenburg am Sonnabend der „Volksstimme“. Man habe keine Angst, aber wollte da auch nichts herausfordern. Der MZ sagte AfD-Vize-Landeschef Andreas Mrosek: „Wir befinden uns in einer heißen Phase des Wahlkampfs, wo die politischen Emotionen hochkochen.

Facebook-Aufruf von „Dessau nazifrei“

Es gab Aufrufe auf einer Internetseite, die ich als Bedrohung eingeschätzt habe, ich halte die Absage für richtig. Wir müssen unsere Mitglieder und deren Eigentum schützen.“ Dass die Autos auf dem Parkplatz im Golfpark sicher hätten stehen können, sei zwar richtig. „Aber es bestand auch die Sorge, dass sie schon auf dem Weg dorthin attackiert werden, von der Straße aus.“

Die Sorgen der AfD beruhen offenbar auf einem Facebook-Aufruf von „Dessau nazifrei“. Das Bündnis hatte für Sonnabend, 9 Uhr, eine Demo unter der Überschrift „Der AfD den Vogel zeigen!“ angemeldet. „Wir wollen ein klares Zeichen dagegen setzen und sowohl Tauben als auch andere geflügelte Vöglein animieren, den Leuten der AfD mal so ordentlich auf den Kopf zu koten! Seid dabei, seid laut, seid zahlreich!“ Die Frage nun: Ist das ein Aufruf zu Sabotageakten?

„Das alles scheint wie eine geplante PR-Aktion der AfD Sachsen-Anhalt, in der man vermeintliche Fakten erfand, um einen Feind zu kreieren, den man bekämpfen müsse“, vermutete Paul Reinhardt, Linke-Vizechef in Dessau-Roßlau, in seinem Blog. Protest sei in Dessau-Roßlau immer friedlich und gewaltfrei gewesen. „Wenn André Poggenburg den AfD-Parteitag wegen linker Sabotage absagt, meint er wahrscheinlich den Roy-Frauke-Petry-Flügel“, witzelte Linke-Fraktionschef Wulf Gallert über Twitter. Mit „Roy“ ist Poggenburgs Gegenspieler Daniel Roi gemeint.

Polizei hatte "keine Sicherheitsbedenken“

Die Polizei war am Sonnabend gegen 8.30 Uhr vom Landesvorstand der AfD über die Absage des Parteitags informiert worden. „Der Polizei waren keine Informationen bekannt, die auf eine erhöhte Gefährdung der Veranstaltung hingewiesen haben“, sagte Doreen Wendland, Sprecherin der Polizeidirektion. Zur Vorbereitung des Parteitags habe es engen Kontakt mit dem Veranstalter gegeben - inklusive Begehungen und Besprechungen des Tagungsgebäudes.

„Dabei gab es keine Sicherheitsbedenken.“ Auch nicht, nachdem vom Bündnis „Dessau nazifrei“ gegenüber eine Demo angemeldet wurde. „Wir waren mit Unterstützungskräften der Landesbereitschaftspolizei darauf vorbereitet, einen störungsfreien Ablauf des Parteitages zu gewährleisten“, versicherte Wendland.

Kurzfristige Absage hat Folgen

Verwundert über die Absage zeigt sich auch das Veranstaltungszentrum Golfpark. „Wir hatten einige fragwürdige Kommentare und bizarre Bewertungen, als die Vermietung bekannt wurde“, räumte Christian Soetje vom Golfpark ein. Drohungen habe es aber nicht gegeben.

Die kurzfristige Absage wird Folgen haben. „Wir werden der AfD den Wareneinsatz für das vorbereitete Essen berechnen und auch einen Teil der Mietsumme“, kündigte Soetje an. Ob die AfD im Herbst im Golfpark einen neuen Anlauf nehmen dürfe, um über den Islam zu reden? „Bei der CDU und FDP fragen wir auch nicht, was Thema ihres Parteitags ist. Die AfD ist eine zugelassene Partei. Im Zweifel also: Ja.“ (mz)