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MZ-Interview mit Ulf Schindler MZ-Interview mit Ulf Schindler: 708 Euro Schulden pro Einwohner

09.02.2004, 18:28

Köthen/MZ. - Warum soll die Kreisumlage, die ja ohnehin hoch ist, noch weiter steigen?

Schindler: Wir wissen alle: Der Bund hat kein Geld und das Land hat kein Geld. Die beiden wesentlichen Finanzquellen des Landkreises sind die Schlüsselzuweisungen des Landes und die Kreisumlage. Die Schlüsselzuweisungen für den Kreis werden immer geringer, im vergangenen Jahr hatten wir zum ersten Mal einen nicht ausgeglichenen Haushalt. Auch die Kommunen sind arm: Die meisten haben einen defizitären Haushalt.

Die Kreisumlage war übrigens schon immer ein Streitpunkt. Und je weniger Geld insgesamt zur Verfügung steht, umso heftiger wird gestritten. Die Gemeinden haben natürlich das Gefühl, ihnen wird etwas weggenommen. Aber es ist nicht so, dass wir mit diesem Geld irgendwelche Hobbys finanzieren. Der Landkreis braucht es, um in erster Linie seine Pflichtausgaben zu erfüllen. Von der Kreisumlage von rund 14,2 Millionen Euro im Haushalt 2004 wird der Löwenanteil für die Pflichtaufgaben verwendet.

Nur 2,2 Millionen Euro sind für freiwillige Aufgaben gedacht. Dabei wollen wir in diesem Jahr die Finanzierung der Kulturstätten im Vergleich zu 2003 um acht Prozent kürzen. Außerdem, wie bewertet man freiwillige Aufgaben? Theoretisch könnte der Kreis zum Beispiel die Musikschule schließen, um zu sparen. Darf man aber den 700 Kindern die Möglichkeit musikalischer Erziehung und Ausbildung einfach wegnehmen?

Muss die Steigerung aber wirklich so hoch ausfallen?

Schindler: Ja, die ins Auge gefasste Steigerung der Kreisumlage ist vergleichsweise hoch. Der Kreis muss aber bis 2007 seinen Haushalt ausgleichen. Die Höhe der Einnahmen und der Ausgaben muss übereinstimmen. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Auch für 2004 ist von der Kreisverwaltung eine Kreditaufnahme in Höhe von 1,7 Millionen Euro anvisiert. Der gesamte Schuldenberg des Kreises liegt bereits bei 48,9 Millionen Euro. Das sind 708 Euro und 57 Cent pro Einwohner.

Etliche Gemeinderäte fordern, dass der Landkreis angesichts einer solchen Lage bei eigenen Verwaltungsausgaben, beim eigenen Personal spart...

Schindler: Wir haben in den vergangenen Jahren beim Personal kräftig gespart, weiterer Personalabbau in diesen Dimensionen ist nicht mehr möglich. Wir haben bestimmte Aufgaben zu erfüllen, und dafür brauchen wir bestimmtes Personal. Manche Bereiche arbeiten heute in dieser Hinsicht an der Grenze des Machbaren. Wie gesagt, unsere Aufgaben werden uns auferlegt. Man könnte aber zum Beispiel auf der Landesebene überlegen: Welche Aufgaben müssen sein, welche können wegfallen oder reduziert werden. Wenn wir weniger Aufgaben hätten, könnten wir auch Personal einsparen.

Eine Möglichkeit zu sparen sehe ich allerdings in Bezug auf die Tarifpolitik im öffentlichen Dienst. Ich rede nicht von einer Reduzierung der Löhne und Gehälter. Aber zumindest auf zwei Lohnerhöhungen - nächste und übernächste - könnte man verzichten. Denn die Tariferhöhungen brauchen all die Mittel auf, die wir durch die Reduzierung des Personals einsparen.

Wie viele Beschäftigte hat die Kreisverwaltung eigentlich?

Schindler: Mit nachgeordneten Einheiten - außer dem Krankenhaus - sind es 320, im Kernbereich 259. Je 1000 Einwohner sind es 4,66 Beschäftigte. Damit sind wir besser als der Durchschnitt der Kreise in Sachsen-Anhalt, der bei 4,94 liegt. Der beste Kreis hat in seiner Verwaltung 4,08 Beschäftigte pro 1000 Einwohner, der schlechteste 5,56.

Und wie steht der Landkreis bei der Höhe der Kreisumlage da, die jetzt ja bei 42,9 Prozent liegen soll?

Schindler: Hier liegen wir im oberen Drittel der Landkreise in Sachsen-Anhalt. Im Durchschnitt sind es landesweit 39,75 Prozent.

Ist die ins Auge gefasste Zusammenlegung von Kreisen der Weg, die Verwaltungskosten zu drücken?

Schindler: Auf kurze Sicht kaum. Zuerst sind eher Mehrkosten zu erwarten. Nach sechs bis sieben Jahren kann man allerdings mit einem deutlichen Spareffekt rechnen.