1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Modern und nah an Praxis

Modern und nah an Praxis

Von Ute Hartling-Lieblang 29.01.2006, 16:16

Dessau/MZ. - Aber seinen Wunsch, in Dessau zu studieren, will er noch nicht ganz ad acta legen. "Vielleicht wird es ja auch Architektur", sagt er.

So wie Florian Ludwig nutzte am Samstag auch die Zehnt-Klässlerin Elisa Hampe aus Aken die Chance, sich über die Studienanforderungen zu informieren. "Ich muss mich jetzt entscheiden, welche Fächer ich abwähle", erklärt die 15-Jährige, warum sie diese Informationen so frühzeitig einholt.

Der 18-jährige Rudolf Leitloff aus Könnern hatte bei der Eröffnungsveranstaltung im Hörsaalgebäude die Ohren gespitzt, als der Studiengang Facility Management vorgestellt wurde. Das Angebot, sich anschließend detailliertere Auskünfte bei einem Einführungsvortrag zu holen, nutzte er gern. "Ich glaube, das ist was für mich", sagt er.

Interessierte junge Leute kamen am Samstag aus allen Himmelsrichtungen von Sachsen- Anhalt nach Dessau, wie z.B. Martin Müller aus Sangerhausen bewies, der sich für Vermessungswesen interessiert. Nicht ganz so weit hatte es Anja Thormann aus Roßlau, die Architektur in Dessau auch wegen der Nähe zu ihrem Wohnort studieren möchte. Neben Probevorlesungen standen auch Führungen durch die Labors und Werkstätten auf dem Programm, bei denen man sich Studentenarbeiten ansehen konnte.

Zum Beispiel bei Susanne Perplies im Audi-Max, Architekturstudentin im 5. Semester, die Auskünfte zu Modellen aus dem Bereich Denkmalpflege gab. Oder im Lyceum, wo Dozent Klaus Heller und Werkstattleiter Jan Bauer stets von einer kleinen Gruppe interessierter Gymnasiasten und Eltern umringt waren, die sich in die Geheimnisse von hölzernen Würfeln oder Kugeln aus Gips einweihen ließen, mit denen sich Design-Studenten in ihren Anfangssemestern auseinander setzen müssen. Nicht nur das Gespür für Form und Farben, sondern auch Materialkunde und handwerkliches Geschick sind hier gefragt, wie sich z. B. Manuel Pyka aus Dessau erklären ließ.

Der Praxisbezug kommt in keiner Studienrichtungen zu kurz. Design-Studenten können sich beispielsweise seit kurzem von einer Bernburger Künstlerin Anleitung beim Filzen holen oder sich unter den kritischen Augen der Dessauer Wirtschaftsjunioren um den Designpreis bewerben, was den Kontakt zu Unternehmen voraussetzt.

150 Studenten gibt es derzeit im Fachbereich Vermessungswesen, wie Prof. Heinz Runne informierte. Er hatte bei der Eröffnung im Audimax die Lacher auf seiner Seite, als er die Frage stellte, woran man einen Vermesser erkennt. "Am leicht gebückten Gang und einem zugekniffenen Auge", löste er das Rätsel, um gleich hinzuzufügen, dass die Technik inzwischen so fortgeschritten sei, dass dies eigentlich nicht mehr stimmt. Messroboter und Infrarotkameras gehören inzwischen zur Ausstattung. Davon profitiert z. B. auch der studentische Verein "Gis goes future", der in Kooperation mit der Hochschule Anhalt (Fachbereich Architektur; Facility Management, Geoinformation) Lehrinhalte aufgreift, und zusammen mit Partnern aus der Wirtschaft Projekte umsetzt, wie der Vorsitzende Alexander Schulze erklärt. Die 16 Studenten und zwei Professoren haben u.a. ein Projekt für das psychiatrische Krankenhaus Uchtspringe realisiert und der Verwaltung Geodaten zur Verfügung gestellt. Wie aus solchen Daten letztendlich visuelle Darstellungen am Computer werden, zeigt das Beispiel des Bernburger Eulenspiegelturms. Dessauer Studenten haben Risse im Mauerwerk des historischen Gebäudes untersucht, weil zu befürchten war, dass der Turm ins Rutschen gerät. In Kooperation mit der Touristenwerbung und einem Nienburger Ingenieurbüro entstand im Rahmen einer Diplomarbeit schließlich eine für touristische Zwecke nutzbare Visualisierung des Turmes, die man sich beim Tag der offenen Tür ansehen konnte.

Das Gesehene unterstrich sehr anschaulich, was Hochschulpräsident Prof. Dieter Orzessek und auch der Standortsprecher Prof. Rudolf Lückmann in ihrer Eröffnungsrede gesagt hatten: Um die nötigen geistigen Kapazitäten für unsere Wissensgesellschaft bereitzustellen, bedürfe- es nicht nur erstklassig ausgestatteter Hochschulen, sondern auch talentierter und engagierter junger Leute, die sich vor einem Studium nicht scheuen. Den Ratschlag, sich bei der Studienwahl an den eigenen Talenten und Fähigkeiten und nicht vordergründig an Marktanalysen zu orientieren, mag mancher mit Interesse gehört haben.