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Leserärger in Dessau Leserärger in Dessau: Wo ist Platz zum Spielen?

Von Heidi THiemann 05.08.2015, 18:01
Walter Matthias, Ulrike Wohlfahrt und Carsten Sauer (v.l.n.r.) beim Vor-Ort-Termin Am Alten Theater.
Walter Matthias, Ulrike Wohlfahrt und Carsten Sauer (v.l.n.r.) beim Vor-Ort-Termin Am Alten Theater. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau - „Das geht so nicht“, stellt Renate Kolze fest. 1975 ist sie mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann in die Scheibe Süd gezogen. Doch was sich in jüngster Vergangenheit im wahrsten Sinne des Wortes hier abspielt, findet die 70-Jährige, könne nicht so bleiben. Es geht um Kinder und darum, dass sie hier keine Spielmöglichkeit haben. „Da muss man doch was tun!“

Waren es anfangs noch acht oder zehn Mädchen und Jungen, sind es nach Meinung von Kolze heute 20 bis 30, die sich auf der Wiese hinterm Haus treffen. Gern führen hier aber auch viele Hundebesitzer ihre Lieblinge Gassi.

Mehr als 60 Kinder im Quartier

Die Kinder spielen am liebsten Fußball, lassen die Bälle auch mal an die Hauswand klatschen. Wenn der Ball hinter den Zaun am Wäscheplatz fliegt, klettern sie darüber. Manchmal auch sind die Zäune einfach nur Klettergerüst. Denn so etwas gibt es hier nicht. „Das ist doch gefährlich“, kann Kolze das schon nicht mehr mit ansehen. Manchmal schimpft sie die Kinder aus. Doch sie ist auch bei Ämtern in der Stadt keine Unbekannte. Seit drei Jahren mahnt sie an, hier endlich etwas zu tun. Doch getan, beklagt sie sich gegenüber der MZ, habe sich nichts.

„Jetzt kommt Bewegung in die Sache“, sagt Walter Matthias, Pressesprecher der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) auf Nachfrage der MZ. Auch bei der DWG sehe man das Problem, „aber nicht nur am Schloßplatz und Am Alten Theater, auch in der Askanischen Straße 6“, erklärt Matthias. Ebenfalls dort werde nach einer Lösung gesucht. Insgesamt geht es um über 60 Kinder, die meisten sind unter 14 Jahre alt. Manchmal treffen sie sich Am Alten Theater, manchmal hinter der Askanischen Straße 6. Und nicht jeder Anwohner freut sich über Kinderlärm.

In letzter Zeit verjüngt

Dass sich die Wohnquartiere, in denen mehr als die Hälfte der Bewohner älter als 60 Jahre alt ist, in letzter Zeit so verjüngt haben, liegt vor allem an der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingsfamilien in der Stadt. Zahlreiche Familien mit ihren Kindern erhielten im Stadtzentrum Wohnraum. Aber für die Kinder, sieht es auch Ulrike Wohlfahrt, Integrationskoordinatorin in der Stadt, als Problem an, gibt es hier keine Spielmöglichkeiten.

Man könne nicht einfach sagen, sie sollten in den Stadtpark gehen oder zum Spielplatz in der Friederikenstraße. Sie müssten dazu über stark befahrene Straßen laufen, manche Kinder seien dazu auch viel zu klein. „Das funktioniert nicht in allen Altersgruppen.“ Es gehe, argumentiert sie, insgesamt um die Kinder- und Familienfreundlichkeit im Quartier.

Deshalb, erklären Matthias, Wohlfahrt und auch Stadtpressesprecher Carsten Sauer bei einem Pressetermin vor Ort, solle es eine gemeinsame Lösung geben von Stadt, DWG und auch der Wohnungsgenossenschaft Dessau. Denn die drei Partner sind Eigentümer der Flächen hinter der Scheibe Süd. Die Vermieter haben ihre Flächen eingezäunt. Auf der freien Fläche, auf der einst die Kinderkombination Marktstraße stand, ist Rasen angesät worden, außerdem gibt es einen Parkplatz, den Lehrer des Philanthropinums mit nutzen.

Mieterversammlung Ende August

Für die Lösungssuche gibt es ein mehrstufiges Verfahren, erläutert DWG-Sprecher Matthias. Es müsse zum einen mit den Familien gesprochen werden. Um Sprachprobleme zu überbrücken, werde das Multikulturelle Zentrum einbezogen. Es müsse aber auch mit den langjährigen Anwohnern gesprochen werden, denn wenn ein Spielbereich eingerichtet werde, tangiere das ja den Ruhebereich. Und es sei die Parkplatzsituation zu bedenken. Geklärt werden müssten auch Haftungsfragen und Betreiberpflichten. „Wir reden nicht nur darüber, dass Geld in die Hand genommen werden muss“, sagt Matthias. Das aber sei notwendig, denn den Bedarf an Spielmöglichkeiten sieht er nicht nur jetzt, sondern auch in späteren Jahren.

Wie die Lösung aussehen könnte, das soll Ende August in einer Mieterversammlung vorgestellt werden. „Wir wollen da auch Ängste ausräumen“, betont Matthias, der nicht nur von einer Spielplatz-, sondern einer Mehrgenerationenlösung spricht. Beispielsweise fehlten ja auch Bänke, wo sich Anwohner ausruhen können. Renate Kolze freut sich, dass sich endlich was tut. Aber sie ist auch erstaunt. „Eine Mieterversammlung“, sagt sie, „gab es hier doch noch nie.“ (mz)