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Hilfe nach der Flut Hilfe nach der Flut: Traum von Gartenbankidylle

Von Carla Hanus 18.04.2003, 16:10

Dessau/MZ. - "Lassen Sie uns ein bisschen Zeit." Diesen Satz hören die beiden Vertreter des MZ-Unterstützungsvereins "Wir helfen" innerhalb einer knappen Stunde gleich zweimal, als sie in der Walderseer Kreisstraße die 84-jährige Frieda Kutz besuchen.

Das erste Mal bittet jedoch ihre Tochter Annemarie Rothe um Zeitaufschub. Da hält sie die Unterlagen des Vereins in der Hand, die ihr eine finanzielle Hilfe aus der Spendensammlung der MZ-Leser zusagen. Erschöpfung prägt ihre Stimme, als sie um Verständnis wirbt, warum sechs Monate möglicherweise zu kurz sein könnten, um die Spende auszugeben. Auch wenn sich der Gebäudeschaden auf mehr als 100 000 Euro beläuft und sie dafür keine Versicherung hatte.

In der Kreisstraße hatte nicht nur ihr Haus, das sie vermietet, während der Flutkatastrophe lange Zeit unter Wasser gestanden. Auch an den beiden Gebäude daneben, die ihren Brüdern gehören, sind noch immer die Wasserstände am Putz zu erkennen. Wenn Annemarie Rothe davor steht, zeigt sich, dass sie kleiner als die Höchstmarke ist. Überflutet waren damals auch die Nebengelasse, darunter eine kleine Werkstatt und Schuppen sowie Ställe, in denen sich jetzt unter anderem das Pferd "Stern", Schafe, Hunde und Katzen tummeln.

Vor acht Monaten habe sie gar nicht gewusst, wo sie zuerst anpacken sollten, erzählt Annemarie Rothe, die gerade in Urlaub war, als das Hochwasser kam und diesen abgebrochen hatte.

Inzwischen ist einiges auf den Grundstücken der Geschwister wieder hergerichtet. Ihr Mietshaus jedoch sieht noch wie ein Rohbau aus. "Wir müssen eben alles koordinieren", erklärt Frau Rothe, zumal auch ihr Wohnhaus in der Rehsener Schaden genommen hatte.

Zwar habe sie bereits Überweisungen vom städtischen Hilfskonto erhalten und auch die Gelder von Land und Bund beantragt. Doch um diese voll ausschöpfen zu können, müssen die Flutopfer in Vorleistung gehen. "Aber alles das reicht ja nicht für den gesamten Schaden", bilanziert die 61-Jährige. Allein die Energiekosten seien schon derart hoch, dass sie die nicht ohne Weiteres begleichen kann. Selbst wenn sie das Haus wieder auf Vordermann bringen könne, das Drumherum müsste noch lange warten, setzt sie Prioritäten.

Da kommt ihr die Hilfe der MZ-Leser entgegen. Auf ihrer Spendenbescheinigung steht "für Gebäudeschaden und Außenanlagen". Vielleicht sind dann doch noch wieder einige Sträucher und Blumen drin, überlegt Annemarie Rothe. "Richtig schön wäre es, wenn ich mir von diesem Geld auch wieder eine Gartenbank kaufen könnte."

Aber bis dahin braucht es wohl noch einige Zeit, vermutet ihre Mutter. Sie spricht von Toren und Zäunen, die ebenfalls nötig sind, und von Schwierigkeiten mit Handwerkern. Doch nicht in diesem Zusammenhang bittet die resolute Dame den Geschäftsführer von "Wir helfen": "Lassen Sie uns ein bisschen Zeit." Sie sagt den Satz, als sie davon erzählt, dass "wir in Waldersee alle anders geworden sind".

Alles, worum sich die Walderseer Jahre lang bemüht hätten, das sei jetzt kaputt. Die 84-Jährige betont: "Die Nerven liegen am Boden. Das sind Schäden, die nicht repariert werden können." Sie glaube nicht daran, dass die Zeit alle Wunden heile. Nur, mit der Zeit ziehe wieder etwas Normalität ein.