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Eine Blitzkarriere im Schillerpark

Von Henrik Klemm 26.09.2006, 18:19

Dessau/MZ. - Das war 1960. Am vergangenen Samstagabend traf er viele von ihnen nach Jahrzehnten erstmals wieder.

Insgesamt 28 Spieler, die das Trikot der Mannschaft aus dem Norden Dessaus in den 50er-, 60er- oder 70er Jahren trugen, haben sich im Vereinsheim von Dessau 05 zu ihrem nun schon fünften Traditionstreffen eingefunden. Alles ist aufs Beste vorbereitet. Die Organisatoren, Bruno Dziubiel, Günter Stiller und Hans-Jürgen Böhme, haben ganze Arbeit geleistet. Auch die Stimmung ist prächtig. Der Vorstand von Dessau 05 hat ein Fass Bier und zwei Bücher über die Geschichte des Vereins zur Verfügung gestellt. Das Bier ist für alle. Die Bücher erhalten zwei Spitzenfußballer. Erich Eschke und Gerhard Rößchen - die ältesten Spieler in der Runde - werden für ihre Verdienste von Geschäftsführer Torsten Ebeling geehrt.

Und das aus gutem Grund: Erich Eschke stand ab der Saison 1950 / 51 in der Oberligamannschaft von Motor Dessau. Und Gerhard Rößchen kam nach einer Oberligasaison (1953 / 54) bei Stahl Thale ins Tor der Elf aus dem Schillerpark. Beide kickten für Motor in der 1. und 2. DDR-Liga, gehörten während ihrer aktiven Zeit zu den Leistungsträgern des Teams. Herbert Riesner, den alle nur "Ine" rufen, steht hingegen 1960 am Anfang seiner Fußball-Karriere, als er von Lok Dessau zu Motor wechselt. Gerade mal 18 Jahre alt geworden, gelingt es ihm jedoch, einen Stammplatz in der ersten Mannschaft zu ergattern. Er folgt damit dem Beispiel von Bruno Dziubiel und Horst Elsner, die 1959 von Traktor Gohrau-Wörlitz bzw. Aufbau Mildensee kommend rasch bei Motor Fuß fassen können. Im Januar 1961 wird in der Waggonbau-Betriebszeitung "Die Kupplung" festgestellt: "Die Beispiele Dziubiel, Elsner und Riesner könnten Schule machen. Wer von ihren ehemaligen Mannschaftskameraden hätte ihnen diese Blitzkarriere im Schillerpark zugetraut? Welcher Schwung, welche Kampfkraft kam gerade durch sie dazu."

Am Sonnabend hält Herbert Riesner Fotos aus dieser Zeit in den Händen. Sie zeigen den jungen Mann im Kreis seiner Mitspieler. Und langsam kommen auch die Erinnerungen wieder. "Als Jüngster war ich natürlich nicht der Wortführer in der Mannschaft", erzählt er. "Es war verdammt schwer, sich zu behaupten." Doch Riesner gelingt es: Er stürmt auf der linken Seite beim Aufstieg 1960. Kann immerhin auf 28 Einsätze in der 1. DDR-Liga (Saison 1961 / 62) verweisen. Den Abstieg verhindert auch er nicht. Doch beim sofortigen Wiederaufstieg in der Saison 1962 / 63 ist Riesner wieder mit von der Partie. Dann muss der junge Mann zur Armee und spielt bei Vorwärts Wolfen. Später dann beim Ortsrivalen Chemie Wolfen. Seine Rückkehr in den Schillerpark noch in den 60ern steht jedoch unter keinem guten Stern. Schwere Verletzungen werfen ihn in seiner sportlichen Entwicklung zurück. Später, er hat seine Laufbahn längst beendet, zieht es Riesner nach Thüringen. Noch vor dem Fall der Mauer verlässt er die DDR. Heute wohnt er in der Nähe von Bamberg. Für Riesner steht nach den Stunden im Schillerpark fest: Beim nächsten Treffen, es soll am 28. September 2007 stattfinden, wird er garantiert wieder dabei sein. Dann erkennt er seine ehemaligen Mitspieler auf Anhieb. So viel ist heute schon sicher.

Am 5. Traditionstreffen im Schillerpark nahmen folgenden Ex-Fußballer von Motor Dessau teil: Gottfried Klaffs, Manfred Kirbis, Wolfgang Köppe, Hans-Dieter Graw, Horst Elsner, Bruno Dziubiel, Waldemar Hauk, Lothar Kujak, Gerald Fiolka, Hans Bobbe, Horst Hoffmann, Joachim Krause, Günter Stiller, Werner Stittrich, Horst Hädicke, Gerhard Rößchen, Manfred Stolze, Erich Eschke, Heinz Steinborn, Hans-Joachim Jacobs, Rainer Fräßdorf, Udo Grune, Hans-Jürgen Hannig, Axel Block, Ingo Crone, Helmut Paskuda, Rainer Woehl und Herbert Riesner.