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Dessau-Roßlaus neuer Oberbürgermeister Peter Kuras Dessau-Roßlaus neuer Oberbürgermeister Peter Kuras: "Die Botschaft? Mehr Respekt"

09.07.2014, 06:57
Peter Kuras
Peter Kuras archiv/SEBASTIAN Lizenz

Dessau-Rosslau/MZ - Am 15. Juni hat Peter Kuras die Stichwahl um das Amt des Dessau-Roßlauer Oberbürgermeisters gegen Amtsinhaber Klemens Koschig deutlich gewonnen. Dreieinhalb Wochen später wird der FDP-Politiker am Mittwoch auf der konstituierenden Sitzung des Stadtrates zum neuen Stadtoberhaupt ernannt. Zum zweiten Mal nach 1990 bekommt Dessau damit einen liberalen Oberbürgermeister. MZ-Redakteur Steffen Brachert sprach darüber mit Kuras.

Zwischen Wahlsieg und Amtsantritt liegen dreieinhalb Wochen. Was ist in dieser Zeit passiert?

Kuras: Es war eine Zeit zwischen Baum und Borke. Ich habe wie in zwei Parallelwelten gelebt: Hier war die Aufgabe als Präsident der Landesstraßenbaubehörde, dort die Aufgabe als Oberbürgermeister, auf die ich mich ja vorbereiten musste. Die Doppelbelastung hat Kraft gekostet, deshalb waren auch vier Tage Urlaub wichtig, um den Kopf frei zu kriegen.

Sie haben im Wahlkampf für einen Neuanfang im kreisfreien Oberzentrum Dessau-Roßlau geworben. Wie soll dieser aussehen?

Kuras: Ich will einen anderen Führungsstil im Rathaus etablieren - mit mehr Führung. Ich will mich tiefer in die Dinge reinbewegen als mein Vorgänger und meinen Mitarbeitern trotzdem höchstmögliche Handlungsspielräume geben. Es geht um ein anderes Miteinander. In der Stadtverwaltung. Im Stadtrat. In der ganzen Stadt.

Reicht das, um die von Ihnen kritisierte „katastrophale Außendarstellung“ der Stadt zu verbessern?

Kuras: Es ist ein erster Schritt, um dieser Stadt wieder mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstvertrauen zu geben. Ich will, dass die Stimmung hier wieder besser wird. Die Unzufriedenheit darüber war im Wahlkampf immer wieder zu spüren. Und dafür müssen wir bei uns selber anfangen. Wir müssen zuerst die eigenen Leute überzeugen, dass Dessau-Roßlau eine lebenswerte Stadt ist.

Dessau-Roßlau ist das kleinste von den drei kreisfreien Oberzentren im Land Sachsen-Anhalt. Ist dieser Status zu verteidigen?

Kuras: Prinzipiell gilt: Der Status ist im Landesplanungsgesetz festgeschrieben. Und das ohne eine Einwohneruntergrenze. Doch natürlich müssen wir in Dessau-Roßlaus selbst etwas tun und vor allem das getrübte Verhältnis in die Landeshauptstadt Magdeburg verbessern. Das ist die wichtigste und zugleich schwerste Aufgabe. Da ist in den vergangenen Jahren viel kaputt gemacht worden.

Sehen Sie das kreisfreie Oberzen-trum in Gefahr?

Kuras: Eine latente Gefahr gibt es immer. Vor allem, wenn wir uns als Stadt selber kleiner machen, als wir sind.

Gerade wird die Zukunft der Justizvollzugsanstalt Dessau diskutiert. Droht da der nächste kleine Baustein des kreisfreien Oberzentrums wegzubrechen?

Kuras: Wir wollen alles tun, die Justizvollzugsanstalt in der Stadt zu erhalten. Und ich denke, wir haben da ein paar gute Argumente: Gibt es irgendwo eine Justizvollzugsanstalt mitten im Zentrum einer Stadt, die akzeptierter ist?

Am Ende wird es auch um Finanzen gehen.

Kuras: Richtig. Doch ich sehe zu diesem Thema die Diskussion im Land noch nicht abgeschlossen.

Wie Kuras die Wogen im Rathaus, Stadtrat und der Stadtverwaltung glätten will, lesen Sie auf Seite 2.

Dessau-Roßlau hat in den vergangenen Jahren viel durch Streits in der Rathausspitze und zwischen Stadtverwaltung und Stadtrat Schlagzeilen gemacht. Sicher war das der Hauptgrund, dass Klemens Koschig nicht wiedergewählt wurde. Wie wollen Sie das ändern?

Kuras: Durch mehr Respekt. Durch eine dichtere Kommunikation. Ich will andere, belastbare Kommunikationsstränge aufbauen, um manche Diskussionen gar nicht erst aufkommen lassen.

Sie wurden im ersten Wahlgang von der FDP, der Linken und Bündnis 90/Grüne unterstützt, in der Stichwahl standen auch CDU und SPD an Ihrer Seite. Sie werden es nicht allen recht machen können.

Kuras: Dies schafft niemand. Ich habe auch nicht die Illusion, dass wir jetzt sieben Jahre in größter Harmonie verbringen. Streit kann förderlich sein. In der Sache. Doch es kommt der Punkt, an dem Entscheidungen zu treffen sind. Das will ich tun.

Die Stadträte von FDP, Grüne, Bürgerliste und das Neue Forum haben sich zur Fraktion „Liberales Bürger-Forum/Die Grünen“ zusammengeschlossen. Könnte das helfen?

Kuras: Es wird die Zusammenarbeit im Stadtrat erleichtern. Doch ich werde nicht den Fehler machen, nur auf diese Fraktion zu schauen. Ich will nicht in alte Denkmuster zurückfallen.

Wie wollen Sie mit den Dezernenten Gerd Raschpichler und Joachim Hantusch umgehen? Beide standen schon vor der Abwahl. Unter Oberbürgermeister Koschig galt das Verhältnis als zerrüttet.

Kuras: Auch hier wird es einen Neuanfang geben, aber auch klare Vorgaben: Ich werde stärker auf das Mitzeichnungsverfahren drängen. Das hörst sich jetzt lapidar und bürokratisch an: Doch ich werde dem Stadtrat nur Dinge vorlegen, die in der Verwaltung endabgestimmt sind. Ich will keine halbgaren Vorlagen, die viele Dinge offen lassen.

Die Wirtschaft wollen Sie aber schon zur Chefsache machen?

Kuras: Ich habe das nicht so mit Chefsachen. Doch richtig ist, dass ich eine Wirtschaftsoffensive starten und alle großen Unternehmen der Stadt untersuchen werde. Ich haben im Wahlkampf zwei Unternehmerstammtische durchgeführt. Die Kritik an der Stadtverwaltung war deprimierend. Da gibt es Nachholbedarf.

Wo noch?

Kuras: Ich will mir alle großen Investitionsvorhaben der Stadt noch einmal ansehen. Das Bauhaus-Museum, dessen Standort im Stadtpark in der Bevölkerung sehr, sehr umstritten ist. Da müssen wir viel mehr erklären, viel mehr vermitteln. Die Schwimmhalle. Die Friedensbrücke. Die Ostrandstraße. Die Ortsumgehung Roßlau. Der Industriehafen. Ich will da neue Überraschungen vermeiden und bei manchen Projekten auch mehr und neuen Druck machen.

Wird es Veränderungen innerhalb der Verwaltung geben?

Kuras: Dafür ist es noch zu früh. Doch es gibt die Überlegung, das Kulturamt erst einmal in den Bereich von Finanzbürgermeisterin Nußbeck zu geben, die sich durch die komplizierten Verhandlungen über den Theater-Vertrag da gut eingearbeitet hat.

Die Kultur als freiwillige Aufgabe in den Händen einer Finanzerin?

Kuras: Ich wusste, dass dieser Einwand kommt: Ich werde da schon aufpassen.

Finanzbürgermeisterin Nußbeck hat gerade das Vier-Sparten-Haus in Frage gestellt und will über neue Strukturen am Theater nachdenken.

Kuras: Wir haben in Dessau-Roßlau für den Erhalt der vier Sparten gekämpft - und dann soll es jetzt auch so bleiben.

Dafür müssen dann aber auch die Personalien an der Spitze des Hauses geklärt werden. Generalmusikdirektor Antony Hermus ist schon weg.

Kuras: Richtig. Das Thema Personalfragen müssen wir zeitnah und schnell angehen.

Ein Streitpunkt im Wahlkampf war Dessau-Roßlaus Stadtmarketing. Sie haben eine GmbH-Lösung favorisiert. Was ist da geplant?

Kuras: Das optimierte Amt halte ich nicht für die optimale Lösung. Ich bin für den Anfang für eine kleine, schlagkräftige Marketinggesellschaft, an der sich private Partner beteiligen. Das werden wir prüfen. Da gilt es noch Ängste auf allen Seiten abzubauen. Das Marketing muss besser werden. Die Stadt muss sich anders verkaufen und vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit zulegen.

Kommenden Dienstag ist Ihre erste Belegschaftsversammlung in der Stadtverwaltung. Was ist ihre Botschaft an die Mitarbeiter?

Kuras: Eine Botschaft ist mir besonders wichtig: Mir geht es um mehr Respekt vor dem Ehrenamt. Wenn sich hier Leute für ihre Stadt engagieren, dann muss die Verwaltung helfen und nicht noch zusätzliche Knüppel zwischen die Beine werfen. Ich rede da aus eigener Erfahrung als Vorsitzender des Fördervereins des Technikmuseums. Was haben wir da um die Brandschutzauflagen für unser Museum gestritten. Für mich ist klar: Wo ein Ermessen möglich ist, muss man nicht noch eins oben drauf setzen. Ehrenamt muss in dieser Verwaltung gelebt werden.