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Das Kleine wird ganz groß

Von THOMAS ALTMANN 08.12.2008, 20:29

DESSAU/MZ. - Aber zum Glück gibt es ja Geschichten, die weder Schinken noch Brühe anrichten, sondern herzhaft anrühren, frühlingsfrisch und weihnachtlich.

"Das Schwein, das unter die Hühner ging" aus "Der fliegende Baum" von Rafik Schami, bearbeitet von Wieland Jagodzinski, ausgestattet von Bärbel Haage hatte am Sonntag Premiere im Puppentheater. Vater (Helmut Parthier) und Tochter (Martha Rudolf) treffen sich alle Jahre wieder im Stall, suchen ihre Helden, pusten den Staub vom alten Holztisch, singen und spielen lebendig direkt mit indirekten Figuren ein Spiel im Bilderahmen auf der Leinwand, ein farbenfrohes Schattentheater.

Bei Sonnenaufgang kräht der Hahn: Ländliche Idylle mit lästiger Fliege. Der Hahn schnappt zu und spuckt das Insekt wieder aus. Aber sonst verstehen sich alle und leben in umzäunten Übereinkünften. Freilich, die Hühner wollen nicht mit den Schweinen, die Schweine nicht mit den Hühnern und nicht mit Albin spielen, Verstecken zum Beispiel. Da wird Albin in malerischer Farbfreude immerfort geortet. Nur im Winter ist er gut getarnt, bis ihn ein Hund für einen Stein hält und ein Bein hebt. Uringelb wird's im Bilderrahmen. Es ist so unbarmherzig lustig anders zu sein. Wie im wirklichen Leben wird gelacht, über Albin. Armes Schwein!

Und köstlich, Ei auf Ei, legen die Hennen. Nur Lila kann nicht mehr und stiehlt, den Suppentopf im Nacken, ein Ei. Erwischt wird das alte Huhn und verstoßen. Da treffen sich die Außenseiter. Nur ordentliche Defekte schmieden schließlich ordentliche Freundschaften. So leben sie beschaulich und frohgemut zweisam, bis eine Heldentat den andersartigen Mitbürgern zur noch frohgemuteren Integration verhilft. Albin und Lila retten die Hühner vor dem Fuchs, der zielsicher ein schwarzer Schatten bleibt.

Das ist natürlich ein Lehrstück aus der Exempeltüte, aber es funktioniert und funktioniert nicht nur. Vater und Tochter spielen wirklich familiär. Sie grunzen, sie singen so schön. Sie lassen den Mond aufgehen, Jahreszeiten ziehen, Küken schlüpfen und Schweine suhlen. Das ist ohne Frage ein Vergnügen. Ganz schlicht, ganz schön sind die lebendigen Schattenbilder. Und das Licht spielt auf engster Fläche Perspektiven und Proportionen aus. Da wird es heiter bis dramatisch. Es gibt die kleinen lustigen Szenen: Pick, pick - ein Luftballon mit Kamm und Schnabel platzt beim Versuch sich schweinisch groß zu fressen. Stille beschauliche Kulissen gibt es auch: Landschaften wie aus dem Bilderbuch.

Wenn am Ende große Strohsterne aufgezogen werden, wird das Kleine zudem erstaunlich groß. Und so sie nicht gegessen sind... Aber wer isst schon Schweinebraten zum Fest. Bis dahin wird beinah täglich zweimal diese Geschichte aufgeführt, diese schöne schlichte, frühlingsfrische weihnachtliche.