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Farbenfrohes Projekt in Bitterfeld Farbenfrohes Projekt in Bitterfeld: Schüler machen Tapetenbahnen zu Unikaten

Von ULf Rostalsky 20.10.2014, 12:26
Eine bedruckte Tapetenbahn wird zum Trocknen hingelegt.
Eine bedruckte Tapetenbahn wird zum Trocknen hingelegt. André Kehrer Lizenz

Bitterfeld - Asylsuchende sollen auch in Bitterfeld dezentral untergebracht werden. Die Wohnungen müssen vorbereitet werden. Aber wie sollen sie aussehen? Schüler der Erich-Kästner-Schule haben sich mit Architektin Anne Boissel und der bildenden Künstlerin Ute Gallmeister zusammengetan. Im Projekt „Kunstwelten“ der Akademie der Künste ließen sie ihrer Fantasie freien Lauf. Schüler und Künstlerinnen wollen einer Wohnung aus dem Bestand der Wohnstättengenossenschaft ihren Stempel aufdrücken.

Seit 2007 geht die Akademie der Künste aufs Land. Initiiert von dem in Bitterfeld aufgewachsenen Akademiepräsidenten Klaus Staeck setzen die Künstler in den Projekten mit Schülern auf Erkenntnisgewinn und Lebensfreude durch Kunst. Zum Programm der Kunstwelten gehören neben der Gestaltung von Gästewohnungen eine Rhetorikwerkstatt im Walther-Rathenau-Gymnasium, ein Tanzprojekt mit Steinfurther Grundschülern sowie eine Dokumentarfilmwerkstatt. Das Finale läutet in dieser Woche Jakob Michael Birn ein. Er leitet eine Plakatwerkstatt. (ur)

Kindern etwas mitgeben

In Sachen „Kunstwelten“ ist das sogar wörtlich zu nehmen. „Wir gestalten Tapeten“, erzählt Anne Boissel. Es geht nicht um Massenware und auch nicht darum, eine ganze Wohnung picobello herzurichten. „In den Räumen werden auch Kinder untergebracht. Denen wollen wir etwas mitgeben“, erklärt Anne Boissel die Idee hinter einem wahrlich besonderen und farbenfrohen Projekt.

Eine Wand im Kinderzimmer soll zeigen, was Bitterfelder Kinder bewegt. Die mussten nicht Wände streichen. „Wir haben mit Kreide auf der Straße gemalt“, erinnert sich Pascal Röcker. Er hat einen Drachen im Wand aufsteigen lassen, ein Blatt gemalt und eine klare Botschaft hinterlassen. „Keine Nazis. Mit denen gibt es nur Ärger.“ Die Gedanken waren frei, die Kreidezeichnungen wurden zur Vorlage für Druckplatten.

Mit Konzentration bei der Sache

Aneinandergereiht ergeben sie das Muster für die künftige Tapete. Eintönig war einmal. „Wir variieren mit der Reihenfolge und mit den Farben“, sagt Ute Gallmeister. Die Tapetenbahnen werden so echte Unikate. Senkrechte Streifen zeichnen sich auf dem weißen Papier ab. Die Farben des Regenbogens sind zu erkennen. „Macht wirklich Spaß“, sagt Markus Duczek. Und Michelle-Sophie Scheffler macht Pause. Die Arbeit schlaucht und erfordert Konzentration.

„Die Farbe muss gleichmäßig aufgetragen werden“, hat die Sechstklässlerin gelernt. Alles funktioniert, Ute Gallmeister dirigiert die Tapetendrucker. Die Arbeit mit den Kindern macht ihr Spaß. „Obwohl das was ganz anderes als im Atelier ist. Da bin ich allein, habe meine Ruhe.“ Die Anklamerin ist dennoch zufrieden. Wie Anne Boissel ist sie überrascht vom Ideenreichtum der Kinder. Beide Künstlerinnen sind außerdem positiv angetan vom Ehrgeiz, mit dem die Schüler an die Sache gehen.

Farbenfreude dominiert

„Aber das ist sicher normal. Bei uns ist es kein Unterricht. Hier gibt es keinen Druck, keine Noten“, vermutet Anne Boissel. Selbst Hand anlegen wird sie in der Wohnung für Asylbewerber nicht. Auch die Erich-Kästner-Schüler sind bei der Fertigstellung der Räume außen vor. „Aber wir sagen schon, an welche Wand unsere Tapete soll.“

Sechs Bahnen von gut drei Meter Länge sind im „Kunstwelten“-Projekt entstanden. Sie reichen für eine große Wand mit integrierter Nische. Farbenfreude dominiert. Bleibt für Schüler und Künstlerinnen nur die Hoffnung, dass die anderen Wände einfarbig gestaltet und die bunte Wand nicht mit Möbeln zugestellt wird. „Aber die Leute von der Genossenschaft werden das schon beachten“, meint Anne Boissel. Pascal, Michelle-Sophie und Markus haben Farbe und Druckplatten zur Seite gelegt. „Könnte ruhig weitergehen.“ Die Schüler haben ihre helle Freude am Tapetenwechsel. (mz)