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Andresens Idee von Farbe im Film

08.10.2007, 17:21

Wolfen/MZ/ckr. - Ehrhard Finger, Mitglied des Fördervereins des Industrie-und Filmmuseums (Ifm) Wolfen, hat ein Buch über den Wissenschaftler geschrieben: "Momme Andresen - Pionier der Fotografie". Sieben Jahre hat er recherchiert und an dem Werk gearbeitet. Unterstützung erhielt er bei der Herausgabe von Dr. Günter Matter, ehemals Mitarbeiter der technologischen Forschung der Filmfabrik, heute Mitarbeiter des Verlags Desotron.

Finger befasst sich in dem Buch nicht nur mit Leben und Wirken des Wissenschaftlers, sondern schweift von dessen Wirkungsstätte in Berlin-Treptow über nach Wolfen, um Auf- und Ausbau der Filmfabrik Wolfen darzustellen. Das Buch ist ein historischer Beitrag über das einst zweitgrößte Fotounternehmen der Welt, die Agfa. Wer fotografiert heute noch mit klassischem Filmmaterial? Gute Frage, nächste Frage, möchte man antworten. Denn nach fast 150 Jahren ist die analoge chemische Fotografie von der digitalen verdrängt. Und der Trend verschärft sich: Wurden 2003 noch fünf Millionen Digitalkameras in Deutschland verkauft (zwei Millionen analoge Kameras) und zwei Millionen Foto-Handys, rechnen Experten damit, dass 2008 bereits 16 Millionen Foto-Handys und nur noch vier Millionen Digitalkameras in Deutschland über den Ladentisch gehen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung hat AgfaPhoto in Leverkusen die Produktion analoger fotografischer Materialien 2005 eingestellt. Acht Jahre zuvor wurde die Filmfabrik Wolfen abgewickelt. Selbst Kodak hat die Forschung zur klassischen Fotografie eingestellt.

Doch die klassische Fotografie hat den Weg bereitet. Wie kam es zur Entwicklung dieses einst bedeutenden Industriezweiges und wer waren die geistigen Väter, fragt Finger in seinem Buch. Einer ist Momme Andresen (1857-1951). Durch die Erfindungen von Daguerre, Niépce, Talbot und Maddox wurde das "Herstellen von Zeichnungen mittels Licht" möglich.

Die sich mit dieser Technik beschäftigenden Fotografen stellten ihre Fotoplatten selbst her, machten mit einer Camera Obscura ihre Fotos. Die Bilder wurden immer beliebter.

In dieser Zeit testete Andresen, Farbstoffchemiker und Hobbyfotograf, verschiedene Farbstoffzwischenprodukte als Entwickler von fotografischen Platten. Und er fand, was er suchte: 1888 hatte er mit dem Paraphenylendiamin eine brauchbare Entwicklersubstanz entdeckt. 1891 gelang ihm mit Paraminophenol der große Erfolg. Die Chemikalie war nicht nur eine geeignete Substanz für Schwarzweißentwickler, die Derivate (Abkömmlinge) erlangten rund 50 Jahre später auch als Farbentwickler Bedeutung. So ist die Entwicklung des 1936 vorgestellten Agfacolor Neu-Verfahrens, das dem farbigen Bild in den folgenden Jahren zum Durchbruch verhalf, mit dem Namen Momme Andresen verbunden.

Er war 1887 in die Berliner Farbenfirma Agfa eingetreten. Er überzeugte die Geschäftsleitung, die Entwicklersubstanz nun zielgerichtet herzustellen. Die Zeit war günstig: Die Agfa begann gerade damit, ein Sortiment fotografischer Produkte aufzubauen.

Dem Drängen Andresens folgte die Aufnahme der Produktion fotografischer Trockenplatten und einige Jahre später von Filmen. "Das war ein gravierender Einschnitt in die Produktionsstruktur eines Unternehmens, das bis dahin nur Chemikalien und Farbstoffe hergestellt hatte", so Finger. Zwar erweiterte man 1894 / 95 mit dem Bau einer Farbenfabrik in Wolfen / Greppin die Produktion von Farbstoffen, doch gewann die Foto-Sparte an Bedeutung. Die steigende Nachfrage erforderte schließlich den Bau einer neuen Fabrik, insbesondere zur Produktion von Materialien für das um die Jahrhundertwende aufkommende Kino. 1909 / 10: Die Filmfabrik in Wolfen wurde gebaut.

Mit seinen vielen Patenten hatte Andresen bei der Agfa eine Entwicklung eingeleitet, die schließlich zum weltweit zweitgrößten und in Europa führenden Hersteller fotografischer Produkte führte. "Wenn von der ehemaligen Filmfabrik Wolfen die Rede ist, dann muss an den Begründer der ,Photographischen Abteilung' der Agfa, Dr. Momme Andresen, erinnert werden", so Finger. Sein Buch erinnert an die Persönlichkeit, die der Agfa ein neues Profil gab.

Das Buch ist zum Preis von 19,90 Euro im Industrie- und Filmmuseum Wolfen erhältlich.